05.09.2022

Mit dem Rad durchs wilde Kurdistan (46)

Iran Teil 9: Von Kermanshah bis Qazvin

Wenn man von Kurdistan hört, dann steht häufig die politische Unterdrückung von Kurden in der Türkei, die Autonomie der Kurden im Nord-Irak oder die Selbstverwaltung in Rojava (Syrien) im Vordergrund, doch von Kurdistan-Iran ist wenig bekannt. Die Kurden zählen zu den indogermanischen Völkern und sind mit 25 bis 30 Millionen Menschen weltweit das grösste Volk ohne eigenen Staat. Ihr Siedlungsgebiet wurde nach dem ersten Weltkrieg zwischen den neu entstandenen Staaten Syrien, Irak, Türkische Republik und Iran aufgeteilt. Im Iran machen die Kurden 10% der Bevölkerung aus und sie dürfen ihre Sprache sprechen und kurdische Kleidung tragen, aber wie andere Minderheiten leben sie in den ökonomisch benachteiligten Randgebieten des Irans und werden wirtschaftlich und auch kulturell benachteiligt und die Autonomiebestrebungen von kurdischen Aktivisten sind dem Regime ein Dorn im Auge. Immer wieder kommt es zu Protesten und daher raten auch einige offizielle Seiten im Iran von Reisen nach Kurdistan ab. Aber vielleicht geht es dabei auch darum, dass die Touristen kein Geld in diese malerische Ecke bringen sollen?

Wir erkunden uns vor der Reise jedenfalls bei Einheimischen vor Ort über die aktuelle Sicherheitslage und alle versichern uns, dass es kein Problem sei hier durchzureisen und wir einfach nicht gerade an der irakischen Grenze zelten sollen. Gut, ganz dämlich sind wir ja nicht, aber dafür umso neugieriger auf diese wilde Berglandschaft mit ihren fotogenen Dörfern mit Terrassenhäusern, die sich an die Berge zu schmiegen scheinen. Die Bilder von dieser abgelegenen rauen Bergwelt mit ihren vielen Serpentinen ziehen uns trotz der bevorstehenden Anstrengung in den Bann und wir beschliessen dorthin zu reisen und uns ein eigenes Bild zu machen. Wir entscheiden uns, von Kermanshah bis nach Sanandaj zu reisen und dabei durch das malerische Uraman-Tal zu fahren, einer der spektakulärsten Landstriche des Irans.

Wildes Kurdistan
Wildes Kurdistan

Unsere Reise beginnt in der Stadt Kermanshah. Die lebendige und leicht chaotische Stadt ist ein kultureller Schmelztiegel, in dem Luren, Kurden und andere Iraner zusammenkommen. Die bekannteste Sehenswürdigkeit ist das imposante Felsrelief Taq-e Bustan, etwas ausserhalb der Stadt. Doch wir haben nur wenig Zeit für Besichtigungen eingeplant und entscheiden uns daher, stattdessen durch den weitläufigen überdachten Bazar zu streifen. Die Menschen sind überaus freundlich und wir werden immer wieder auf der Strasse angesprochen. Wir sehen das erste Mal Kurden in ihrer traditionellen Tracht. Die Männer tragen weite Pumphosen, einen breiten Gürtel und oftmals einen dicken Schnauzer und die Frauen reich verzierte farbenfrohe Röcke und darüber kurze Westen mit Goldbordüre. Wir finden ein dunkles Café, in dem Frauen rauchen dürfen und amerikanische Indie-Songs laufen. Fehlt eigentlich nur noch das Bier. Der Besitzer ist ganz überrascht ausländische Gäste zu sehen und hat sichtlich Freude uns seine kreativen Mocktail-Kreationen zu präsentieren.

Und noch eine Überraschung gibt es für uns in Kermanshah: Wir treffen Sara und Beni (https://www.passionnomad.com/blog), die gerade durch Kurdistan geradelt sind und wir können mit ihnen wertvolle Tipps austauschen. Sie machen uns richtig Vorfreude auf die Bergwelt Kurdistans und wir ihnen auf Isfahan und Yazd.

Zusammen mit Sara und Beni in Kermanshah
Zusammen mit Sara und Beni in Kermanshah
Abendessen in Kermanshah
Abendessen in Kermanshah
Bei einem Bäcker für Nan-e Berenji, süsse Reiskekse aus Kermanshah
Bei einem Bäcker für Nan-e Berenji, süsse Reiskekse aus Kermanshah

Besetzte Bäume in Kurdistan

Wir verlassen Kermanshah nach einer Nacht und radeln los in Richtung Ravansar, der nächsten grösseren Stadt. Kaum raus aus der Stadt, befinden wir uns wieder mitten in der Natur und umgeben von sanften grünen Hügeln. Schon bereits jetzt gefällt uns die Landschaft erstaunlich gut und wir finden einen schönen Zeltplatz oberhalb der Strasse.

In Ravansar frühstücken wir im beliebten Stadtpark und es ist richtig viel los an diesem Freitag. Es hat zahlreiche mobile Stände, welche Falafel und Kelane verkaufen. Das lokale Gericht Kelane ist ein dünnes handgemachtes Fladenbrot, das mit gewürfelten Zwiebeln und frischen Kräutern aus den Bergen gefüllt wird. Natürlich sind wir und unsere Fahrräder mal wieder die Hauptattraktion im Park und es werden zahlreiche Bilder gemacht und wir müssen uns richtig durchsetzen, damit wir unsere Snacks selber bezahlen dürfen. Alle Männer hier tragen die kurdische Tracht und wir fühlen uns plötzlich wieder in einer anderen Welt. Auch mit unseren Farsi-Kenntnissen kommen wir nicht mehr so weit, denn hier wird der zentralkurdische Dialekt gesprochen, eine völlig andere Sprache.

Männer in traditioneller kurdischer Tracht in Ravansar
Männer in traditioneller kurdischer Tracht in Ravansar

Nach der Kleinstadt Ravansar nimmt der Verkehr stark zu und wir werden mit dem iranischen Massentourismus am Wochenende konfrontiert. Es herrscht ein richtiger Stau in Richtung Uraman-Tal. Jede Familie scheint heute unterwegs zu sein und alle haben genau dasselbe Ziel: Picknicken unter einem Baum. Ihr werdet nun vielleicht schmunzeln, aber das ist tatsächlich ein Problem, denn für mehrere Kilometer finden wir keinen freien Baum, um selber eine Mittagsrast im Schatten einzulegen. Diese aus unserer Sicht unbekannte und abgelegene Region im Iran ist am Wochenende absolut überfüllt von iranischen Ausflüglern.

Wo hat es noch einen freien Baum?
Wo hat es noch einen freien Baum?

Eine junge Frau aus der Region bestätigt uns, dass es jedes Wochenende so läuft hier. Ob hier die Bäume am frühen Morgen auch mit einer Picknickdecke besetzt werden so wie die Liegestühle am Mittelmeer? Logischerweise ziehen die Besuchermassen auch Verkäufer an und so hat es an besonders schönen Rastplätzen auch gleich ein paar Metzger, die ihre Ware für den Grill anbieten. Uns ist der Besucherandrang fast etwas zu viel, denn wie ihr ja vielleicht wisst, freuen sich die Iraner sehr über ausländische Besucher und je mehr Iraner unterwegs sind, umso grösser natürlich die Freude. An diesem Tag bedeutet das für uns, dass ununterbrochen jemand vor uns hält und mit uns ein Foto machen möchte. Wir machen das natürlich auch gerne mit, solange die Menschen dabei einigermassen freundlich sind. Doch eine Frau hat es nicht so mit der Empathie an diesem Tag. Wir sind gerade an einem steilen Anstieg und ziemlich ausser Puste, als sie beschliesst mit uns ein Foto fürs Familienalbum zu machen. Da wir aber noch nicht so fotogen wirken, gibt sie mir kurzerhand ungefragt ihr Baby in die Arme und zieht danach auch noch meine Sonnenbrille aus und befiehlt uns zu lächeln. Wir haben das Foto nie gesehen, aber ich kann mir vorstellen, dass mein Lächeln schon mal authentischer wirkte.

Nach dem Wochenende wirken die Strassen wieder wie leergefegt und wir können die schönen Landschaften Kurdistans viel besser geniessen. Nach der Stadt Paveh geht es über zahlreiche Serpentinen steil bergab und wir zweigen ab in Richtung Uraman-Tal zum Daryan Staudamm und erreichen das Dorf Haji.

Mit weniger Verkehr lassen sich die Strassen noch viel besser geniessen
Mit weniger Verkehr lassen sich die Strassen noch viel besser geniessen
Nach Paveh ging es nochmals über einen Pass, bevor wir in Richtung Uraman-Tal abbogen
Nach Paveh ging es nochmals über einen Pass, bevor wir in Richtung Uraman-Tal abbogen
Unten im Uruman-Tal angekommen
Unten im Uruman-Tal angekommen

Treffpunkt Dachterrasse in Haji

Das kleine Dorf Haji liegt eingebettet zwischen dem Stausee und den Bergen und die Steinhäusern schmiegen sich an den Hang wie in einem Amphitheater. Es ist absolut malerisch und wären wir hier nicht im Iran, so hätte es wohl zahlreiche grosse Reisecars mit internationalen Besuchern hier. Wir fragen im Dorfladen nach einer Unterkunft und werden gleich nebenan einquartiert in einem grossen Zimmer mit eigener Küche, Bad und natürlich ausgelegt mit Teppichen. Auch wenn wir vom vielen Auf und Ab schon etwas müde sind, machen wir abends noch einen Spaziergang durch dieses besondere Dorf.

Stausee beim Dorf Haji
Stausee beim Dorf Haji
Das Leben in Haji findet auf den Dächern statt
Das Leben in Haji findet auf den Dächern statt
Schöne Steinhäuser in den Gassen von Haji
Schöne Steinhäuser in den Gassen von Haji

Am Hafen befindet sich ein Heiligtum, ein paar Fischer versuchen ihr Glück und eine Familie macht einen Ausflug per Boot. Was jedoch völlig fehlt an diesem idyllischen Ort ist ein schönes Outdoor-Café am See, wo man ein Eis essen könnte. Auch das einzige Restaurant im Dorf hat geschlossen, so müssen wir später wohl selber etwas kochen. Aber zuerst geht es noch hoch ins Gassengewirr. Doch allzu viele Wege scheint es nicht zu geben und wirklich weit kommt man auch nicht. Am Ende einer steilen Strasse finden sich noch ein paar Ställe und dann beginnt bereits der Berg. Die Hauptsehenswürdigkeit hier ist die spektakuläre Aussicht auf den Stausee und auf die Nachbarn, denn abends scheinen alle Dorfbewohner unterwegs zu sein.

Und was macht man in Haji am Abend? Man sitzt auf das Flachdach und beobachtet die Nachbarn, besucht sich gegenseitig, nimmt die Wäsche zusammen, trinkt Tee und spricht die wenigen ausländischen Besucher an, die hier vorbeikommen. Ein nettes Paar lädt uns ausnahmsweise nicht zum Tee, sondern zu einem Ananas-Saft ein und wir dürfen von ihrer Dachterrasse den Blick über die Dächer schweifen lassen.

Einladung in Haji
Einladung in Haji

Der Vater arbeitet in Sanandaj im Bazar und stellt dort die traditionellen und bequemen Giveh-Schuhe her, die hier alle Männer tragen. Sein Arbeitsweg ist eine der schönsten Panoramastrassen des Irans und führt quer durch das Uraman-Tal und am Abend kehrt er zurück in das pittoreske Haji. Ob man das überhaupt noch schätzt, wenn man hier aufgewachsen ist? Vor dreissig Jahren gab es hier noch keine Strasse und man erreichte den Ort nur mit dem Pferd und lebte von der Landwirtschaft. Auch wenn sich die Zeiten geändert haben, so fühlt es sich für uns an wie eine Zeitreise und wir geniessen die wunderbare Abendstimmung auf den Dächern von Haji.

Eine Frau geniesst die Abendstimmung auf dem Dach
Eine Frau geniesst die Abendstimmung auf dem Dach

Radreise durchs malerische Uraman-Tal

Unsere Reise führt von Haji aus weiter entlang dem Stausee und über abenteuerliche geschwungene Passstrassen in das Uraman-Tal, nur wenige Kilometer entfernt von der irakischen Grenze. Hier befindet sich einer der spektakulärsten und schönsten Landstriche des Irans. Für die 70 km zwischen dem Städtchen Paveh und Uraman-Takht benötigen Autos ca. 4-5 Stunden und wir benötigen mehrere Tage für die Strecke mit ihren vielen Haarnadelkurven.

Zuerst führt die Fahrt dem Stausee entlang
Zuerst führt die Fahrt dem Stausee entlang
Und dann geht es über viele Serpentinen hoch in die Berge
Und dann geht es über viele Serpentinen hoch in die Berge

In dieser Grenzregion führen zahlreiche Schmuggelpfade durch die Berge, auf welchen iranische Lastenträger, die Kolbar, elektronische Güter auf ihrem Rücken über die Berge vom Irak in den Iran transportieren. Mitten in der Nacht laufen sie los und nehmen jedes Mal einen anderen Pfad, um nicht von den iranischen Grenzposten gesehen zu werden. Ein lebensgefährlicher Job, bei dem die Träger nur gerade mal EUR 10.- pro Einsatz erhalten, nachdem sie nach einem stundenlangen Marsch die schweren Güter abliefern. Doch so lange es die amerikanischen Sanktionen gibt und keine besseren Jobmöglichkeiten, werden die jungen Männer weiterhin unter Lebensgefahr als Schmuggler arbeiten. Bis im April 2024 kann man auf Arte dazu eine Doku sehen, welche die Lastenträger auf der irakischen Seite begleitet: Zur DokuAls Besucher sehen wir natürlich nur die landschaftlichen Schönheiten dieser Region und können nur erahnen, wie hart das Leben hier ist.

Wir sind überrascht in dieser abgelegenen Ecke andere Radreisende zu treffen. Ein iranisches Paar auf einem Kurztrip durch Kurdistan und zwei Radreisende aus Frankreich, die erst gerade im Januar aufgebrochen sind. Sie benötigten fünf Monate, um hierher zu kommen und wir fast zwei Jahre und nun ist man am gleichen Ort. Ein besonderer Gedanke. Wir kommen nur sehr langsam voran im Uraman-Tal und längere Tagesetappen kann man gleich vergessen. Die Strasse ist oftmals so steil, dass wir die Räder zeitweise schieben müssen und wir kommen ordentlich ins Schwitzen und müssen immer wieder pausieren. Dafür entlohnen die atemberaubenden Ausblicke auf den Stausee weiter unten für die Anstrengung und wir sind froh, haben wir uns für einen Abstecher nach Kurdistan entschieden.

Die beiden Dörfer Selin und Bolbar liegen absolut spektakulär und auch hier dienen die Dächer der niedriger liegenden Häusern den Bewohnern darüber als Terrasse. Die Einheimischen leben hier im Gegensatz zu iranischen Städten noch sehr traditionell und vor den kleinen Läden sitzen ältere Männer mit ihren weiten Pumphosen und lächeln uns zu.

Wunderschönes Tal nach dem Dorf Selin
Wunderschönes Tal nach dem Dorf Selin
Chai-Pause in Bolbar
Chai-Pause in Bolbar
In Bolbar wird Fisch zubereitet
In Bolbar wird Fisch zubereitet
Ich darf eine typische kurdische Weste anprobieren
Ich darf eine typische kurdische Weste anprobieren

Irakischer Wüstenstaub im Iran

Nachdem wir ein paar sonnige Tage mit blauem Himmel erleben durften, kehrt die Wetterlage leider im Dorf Bolbar. Ausgerechnet hier, wo es doch die schönste und bekannteste Aussicht von Kurdistan geben soll: eine steile Strasse, die sich über zahlreiche Serpentinen nach Bolbar schlängelt.

Die bekannte Ansicht
Die bekannte Ansicht
Das ist unsere Aussicht
Das ist unsere Aussicht

Genau dieses Bild war es, weshalb wir ursprünglich mal nach Kurdistan reisen wollten. Und nun sind wir hier und können nicht mehr als 10 Meter weit sehen. Schuld für die schlechte Sicht ist dicker Wüstenstaub aus dem Irak, der alles mit einer gelblichen Schicht bedeckt. Wir übernachten in der sympathischen Bolbar Eco Lodge, die eine wunderbare Terrasse mit Aussicht hat und hoffen jeden Moment, dass sich der Staub lichtet. Der Stimmung der Gäste tut der Wüstenstaub jedoch keinen Abbruch und eine Gruppe fröhlicher Iraner tanzt am Abend zwischen den Stühlen und es scheint niemanden zu stören, dass Frauen und Männer hier ausnahmsweise gemeinsam tanzen. Ein schöner Moment der Sorglosigkeit im abgelegenen Kurdistan.

Leider ist am nächsten Morgen die Sicht nicht besser und somit quälen wir uns die berühmten Serpentinen hoch, ohne etwas von der Aussicht zu haben. Irgendwie frustrierend. Hätten wir vielleicht noch einen Tag länger bleiben sollen? Wir erreichen das hübsche Terrassendorf Uraman-Takht und essen dort zur Aufmunterung frisch gemachtes Kelane Fladenbrot und trinken Dough, ein Erfrischungsgetränk aus Joghurt.

Fahrt nach Uraman-Takht hoch
Fahrt nach Uraman-Takht hoch
Uraman-Takht ist mit seinen am Steilhang gestaffelten Terrassenhäusern besonders fotogen (normalerweise)
Uraman-Takht ist mit seinen am Steilhang gestaffelten Terrassenhäusern besonders fotogen (normalerweise)
Kelane und Dough in Kurdistan
Kelane und Dough in Kurdistan

Leider macht der dicke Staub nicht so richtig Lust auf eine Dorfbesichtigung und da es auch schon Nachmittag ist, beschliessen wir uns den steilen Anstieg auf die Passhöhe zu sparen und lassen uns von einem Jeep nach oben transportieren. Wir finden einen idyllischen Zeltplatz um eine Feuerstelle auf einer grossen Wiese umgeben von Bergen.

Die letzte Etappe in Kurdistan

Am nächsten Morgen lichtet sich der Himmel und wir können die letzte Etappe durch Kurdistan nochmals richtig geniessen. Wir fahren einem Fluss entlang durch eine Schlucht zurück auf eine grössere Hauptstrasse in die Stadt Sarvabad.

Schöne Fahrt durch ein Tal in Richtung Sarvabad
Schöne Fahrt durch ein Tal in Richtung Sarvabad
Wir verlassen das spektakuläre Uraman-Tal
Wir verlassen das spektakuläre Uraman-Tal
Die Route durch Kurdistan gehört zu unseren schönsten Radstrecken im Iran
Die Route durch Kurdistan gehört zu unseren schönsten Radstrecken im Iran

Wir machen eine Pause und merken die vielen Höhenmeter stecken uns in den Beinen und im Rücken und die Energie fehlt und da die Zeit etwas drängt, entscheiden wir, den Weg nach Sanandaj mit einem Transfer abzukürzen. Da hier keine grösseren Fernbusse fahren, bleibt nur ein Jeep-Transfer als Alternative. Während ein paar hilfsbereite Einheimische unseren Transfer organisieren, taucht plötzlich ein alter Schafhirte in traditioneller kurdischer Hirtenkleidung auf, der direkt aus einem National Geographic Magazin entsprungen scheint. Zwei Welten prallen hier auf einander, als er plötzlich auf mich zukommt und sich für unsere Reise interessiert. Eine schöne Begegnung und ein schöner Abschied aus Kurdistan.

Begegnung mit einem Hirten in traditioneller Kleidung
Begegnung mit einem Hirten in traditioneller Kleidung

Wir haben insgesamt eine Woche in Kurdistan verbracht und waren überwältigt von der landschaftlichen Schönheit und fasziniert davon, wie Menschen in diese rauen Berglandschaften ihre Dörfer erbaut haben und mit welchem Stolz die kurdischen Traditionen hier gelebt werden. Für uns war es ein faszinierender Einblick in eine uns völlig unbekannte Gegend und wir waren mal wieder überrascht ab der Vielfalt des Irans. Nur eines scheint im Iran wirklich überall gleich zu sein: die unglaubliche Gastfreundschaft.

Gerne hätten wir mehr Zeit in den kurdischen Bergen verbracht und noch mehr Etappen mit dem Rad zurückgelegt, doch langsam wurde die Zeit im Iran etwas knapp. Wir wollten vor Ablauf unseres Visum noch die Provinz Gilan am Kaspischen Meer bereisen und entscheiden uns daher einen Bus von der kurdischen Provinzhauptstadt Sanandaj bis nach Qazvin zu nehmen und dort einen Pausentag einzulegen, bevor es dann weiter nach Gilan geht.

Café-Hopping in einer alten Karawanserei in Qazvin

Eine Pause in Qazvin ist dringend nötig, denn wir spüren immer noch die vielen Höhenmeter von Kurdistan in unseren Beinen. Wir buchen ein schönes traditionelles Hotel in der Altstadt und nehmen uns einen Tag Zeit für die angenehme Stadt. Die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz liegt auf einer Hochebene am Kreuzpunkt mehrere wichtiger Handelsrouten. Qazvin (395'000 Einwohner) war von 1524 – 1576 unter den Safawiden die Hauptstadt Persiens und entsprechend befinden sich hier auch einige prunkvolle Gebäude wie der Königspalast Chehel Sotun in einem grossen Garten. Und auch wenn wir etwas Sightseeing machen, so verbringen wir doch den Tag hauptsächlich mit Café-Hopping in der Karawanserei Sa’d-al Saltaneh.

Qazvin hat eine Vielzahl kreativer Cafés
Qazvin hat eine Vielzahl kreativer Cafés
Die Karawanserei Sa'd al-Saltaneh ist für uns die schönste Karawanserei im Iran
Die Karawanserei Sa'd al-Saltaneh ist für uns die schönste Karawanserei im Iran
Cafés laden im Innenhof der Karawanserei zu einer Pause ein
Cafés laden im Innenhof der Karawanserei zu einer Pause ein

Die restaurierte Karawanserei ist gleichzeitig auch ein wunderschöner Bazar und in den langen Gewölbegängen zwischen den grosszügigen Innenhöfen gibt es viele kleine Handwerksläden, die Schmuck, Keramik oder Teppiche ausstellen. Die Öffnungen in den Kuppeln sorgen für ein schönes Lichtspiel und Fotomotiv und wir sind mal wieder begeistert von der iranischen Architektur.

Schöner Verbindungsgang zwischen der Karawanserei und der Nabi-Moschee
Schöner Verbindungsgang zwischen der Karawanserei und der Nabi-Moschee

In den Innenhöfen locken zahlreiche Cafés und Restaurants für eine Pause und wir haben in keiner iranischen Stadt bisher so eine Dichte an tollen kreativen Cafés gesehen wie in Qazvin, besonders das Ersie Optics Café ist ein absoluter Blickfang. Die Karawanserei ist unser absolutes Highlight und wir verbringen Stunden in den verschiedenen Cafés, trinken Limonade, essen Kuchen und sind einfach mal nur faul.

Wieder etwas ausgeruhter geht es am nächste Tag weiter über die Berge in die Provinz Gilan am Kaspischen Meer. Dort erwartet uns ein völliger Kontrast zum restlichen Iran, doch dazu mehr in unserem letzten Reisebericht über den Iran.


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