16.10.2022

Überraschendes Armenien: Unterwegs im Land der Wildblumen (48)

In 10 Tagen durch den Norden Armeniens von Yerevan nach Tbilisi

Armenien, das kleine Land im Kaukasus besteht zu 90% aus Bergen, es ist das erste Land, welches das Christentum zur Staatsreligion erklärte und es gibt zahlreiche sehenswerte Klöster in denen die Mönche seit Jahrtausenden Wein herstellen. Das traditionelle dünne Brot Lavash gehört zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe und Schach wird als Fach in der Schule unterrichtet. Es ist ein Land mit einer tragischen Geschichte und einer grossen Diaspora und immer noch nicht alle Länder haben den Genozid durch die Türken an den Armeniern von 1915/16 als solchen anerkannt.

Das ist damit aber auch wirklich alles was wir über Armenien wussten, als wir die Grenze ganz im Süden überquerten. Im Vergleich zu Georgien kommen viel weniger Besucher nach Armenien, das eingeklemmt zwischen dem Kaukasus, der Türkei und dem Iran liegt und somit an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien. Doch nur gerade die Grenzübergänge nach Georgien und in den Iran sind geöffnet und durch die autonome aserbaidschanische Enklave Nachitschewan und den immer wieder aufschwellenden Konflikt um die Region Berg Karabach ist das Land nur gerade mal 29.740 km² gross und ein Blick auf die Karte genügt, um zu erahnen wie kompliziert die Gemengelage im Kaukasus ist. Falls ihr in dieser Weltgegend auch ab und an den Überblick verliert, können wir euch das Arte-Format «Mit offenen Karten» dazu empfehlen: Kaukasus – zwischen den Welten.  

Trotz all diesen Eckdaten war Armenien für uns ein komplett unbeschriebenes Blatt und für beide Neuland und weckte damit unseren Entdeckergeist. Wir waren gespannt in den nächsten Tagen dieses uns unbekannte Land erkunden zu dürfen.

Mediterrane Leichtigkeit in Yerevan

Zuerst gibt es allerdings noch einen kleineren Kulturschock zu überwinden, denn wir verbrachten erst gerade 4 Monate im Iran, vier Monate unter den strengen islamischen Vorschriften und plötzlich erreichen wir die Hauptstadt Yerevan (auch Eriwan oder Jerewan, ca. 1 Millionen Einwohner) an einem heissen Sommertag. Die armenische Hauptstadt ist 29 Jahre älter als Rom und gehört damit zu den ältesten Städten der Welt und ein Drittel der Bevölkerung des Landes lebt hier. Wir laden unsere Räder aus dem Bus und fahren die ersten Kilometer durch die Stadt und lassen dieses neue Land auf uns wirken. Frauen flanieren in luftigen Sommerkleidern mit offenen Haaren durch die prächtigen Strassen im Zentrum, die Autofahrer halten sich wieder an Verkehrsregeln, es gibt zahlreiche elegante Restaurants und Bars, wir sehen wieder Werbetafeln und (teure) Markennamen. Der Unterschied zum Iran hätte nicht grösser sein können und wir brauchen zuerst einen Moment, bis wir uns an dieses Leben gewöhnen und die ersten Tage fühlt es sich noch komisch an, ohne Kopftuch die Unterkunft zu verlassen. Plötzlich müssen nach Monaten die Haare wieder frisiert und gepflegt werden.

Sommerfeeling am Platz der Republik
Sommerfeeling am Platz der Republik

Die Stadt Yerevan ist eine schöne Mischung aus mediterraner Leichtigkeit und verblichener sowjetischer Eleganz mit prunkvollen Gebäuden. Rund um den weiten Platz der Republik ziehen sich gut erhaltene Hauserblocks aus rosa-orangem Tuffstein, der Yerevan den Übernamen als «pinke Stadt» einbrachte. Die Hauptstadt Armeniens wirkt heiter und gelassen, besonders wenn abends die Wasserfontänen zur Musik tanzen und Jung und Alt durch die Strassen flanieren und auf den Treppen sitzen bleiben und ein Eis essen. Wir sind überrascht wie aufgeräumt und elegant die Innenstadt scheint und auch die Preise sind ziemlich gesalzen. Die Restaurants sind trotz den hohen Preisen gut besucht mit Einheimischen und Armeniern aus dem Ausland, welche im Sommer zurückkehren und den paar wenigen ausländischen Touristen. Die armenische Küche ähnelt stark der georgischen und hat auch Einflüsse aus anderen Nachbarländern mit scharfen Gewürzen, frischen Salaten, Schaschlik-Spiessen oder gefüllten Weinblättern. Ein ganz besonderes Gericht ist Ghapama, ein mit Reis, getrockneten Früchten und Nüssen gefüllter Kürbis. Wir haben Nachholbedarf und essen uns nach Lust und Laune durch die Menüs.

Gebäude aus rosa Tuffstein sind typisch für Yerevan
Gebäude aus rosa Tuffstein sind typisch für Yerevan
Kontraste überall
Kontraste überall
Nicht alles ist in Yerevan so herausgeputzt wie in der Innenstadt
Nicht alles ist in Yerevan so herausgeputzt wie in der Innenstadt
Ghapama: Leckeres Kürbisgericht
Ghapama: Leckeres Kürbisgericht
Wir finden unsere Bar: Mirzoyan Library
Wir finden unsere Bar: Mirzoyan Library

Nach so vielen Monaten im Iran tauchen wir wieder ein in eine uns eigentlich bekannte und doch auch fremd gewordene Welt, zu der wir noch nicht so richtig zu gehören scheinen. Wir sind etwas überfordert, plötzlich wieder im Kaukasus zu sein und um diese Überforderung noch etwas zu steigern stürzen wir uns gleich mitten ins Getümmel und landen bei einem mehrtägigen Weinfest, das zufälligerweise während unserem Aufenthalt stattfindet. Prompt wird uns ein Weinglas um den Hals gehängt und dann wird an den vielen Ständen der armenische Wein degustiert und dabei grosszügig ausgeschenkt. Wir torkeln bei 37° Grad von Stand zu Stand und fragen uns, wie das ganze wohl auf unsere iranischen Mitreisenden wirken muss, die mit uns zusammen im Nachtbus nach Armenien gereist sind.

Yerevan in zwei Tagen: Rolltreppenkunst, Genozid-Museum und Schnaps auf dem Markt

Zwei Tage verbringen wir in Yerevan, bevor es für uns weiter nach Georgien geht. Zwei Tage voller Sightseeing und den unterschiedlichsten Eindrücken. Nach einem Frühstück zu schweizerischen Preisen geht es zu einem der Hauptanziehungspunkte, der Kaskade, einem Freiluftmuseum für moderne Kunst. Ein gewaltiger Treppenkomplex aus hellem Stein streckt sich einen Berghang empor und bietet von oben einen fantastischen Blick auf die Stadt. Wir haben Glück und sehen die schneebedeckte Spitze des mehr als 5000 Meter hohen sagenumwobenen Berg Ararats. Der ruhende Vulkan wird von den Einheimischen als Wahrzeichen Armeniens gesehen, obwohl er bereits jenseits der türkischen Grenze liegt. Der Legende nach soll dies der Ort sein, an dem Noah mit seiner Arche gestrandet ist. Ein besonderes Gefühl den Berg schemenhaft hinter der Stadt aufragen zu sehen. Im Innern der Kaskade fährt eine Rolltreppe von einer Kunstgallerie zur nächsten und im Park davor befinden sich unter anderem Skulpturen vom kolumbianischen Bildhauer Fernando Botero, die wir nicht in Armenien erwartet hätten.

Die Kaskade ist der Mittelpunkt der Stadt
Die Kaskade ist der Mittelpunkt der Stadt
Im Innern befindet sich das Cafesijan Center for the Arts
Im Innern befindet sich das Cafesijan Center for the Arts
Oben angekommen bietet sich eine Panoramasicht über die Stadt
Oben angekommen bietet sich eine Panoramasicht über die Stadt
Im Hintergrund der Berg Ararat
Im Hintergrund der Berg Ararat

Ein Besuch in Armenien ist für uns nicht komplett ohne mehr über die tragische Geschichte des Landes zu erfahren und somit besuchen wir das Genozid Denkmal und Museum (Zizernakaberd). Das Denkmal wurde auf einem Hügel ausserhalb der Innenstadt erbaut mit Blick auf den Ararat-Berg. 12 grosse graue Basaltsäulen, welche die verlorenen Provinzen Westarmeniens symbolisieren, gruppieren sich um eine ewige Flamme. Die sehr informative Ausstellung im Museum ist in verschiedene Teil aufgegliedert und erzählt sehr ausführlich wie es zum Völkermord kam und mit welcher Systematik und Brutalität dabei vorgegangen wurde. Der Völkermord an den Armeniern war einer der ersten systematischen Genozide des 20. Jahrhunderts und während des Ersten Weltkriegs wurden im damaligen Osmanischen Reich bis zu 1.5 Millionen Armenier ermordet und die türkische Regierung lehnt es bis heute ab, von einem Genozid zu sprechen. Der Besuch der Ausstellung ist schockierend und herzzerreissend und trotzdem finden wir es wichtig, uns damit auseinanderzusetzen und wir fragen uns, wann wir endlich beginnen von der Geschichte zu lernen.

Das Genozid-Denkmal wurde 1967 errichtet
Das Genozid-Denkmal wurde 1967 errichtet
Hunderttausende Menschen pilgern alljährlich am 24. April zu Fuss zur Gedenkstätte, um Blumen, Gebinde und Kränze niederzulegen
Hunderttausende Menschen pilgern alljährlich am 24. April zu Fuss zur Gedenkstätte, um Blumen, Gebinde und Kränze niederzulegen

Nach diesem Besuch müssen unsere Gedanken erst wieder Ruhe finden und wir spazieren durch das Altstadtviertel Kond mit seinen schmalen Gassen und teils verfallenen Häusern mit asymmetrischen Ziegeln. Ein Wunder, dass man dieses Viertel so stehen liess, während rundherum die Baukräne in die Luft ragen und in der ganzen Stadt rege gebaut wird. Durch einen düsteren Fussgängertunnel erreichen wir den Fluss Hrasdan und die schmalspurige Kindereisenbahn, ein Erbe der Sowjetunion. Hier lernten früher Kinder alles was es brauchte, um diese Mini-Eisenbahn zu bedienen und konnten sich so als Lokführer üben. Eigentlich eine tolle Idee. Das Bahnhofsgebäude erinnert an ein Märchenschloss von Disney und alles wirkt überwuchert und verlassen. Wir machen einen Spaziergang entlang der Gleise und geniessen die Ruhe mitten in der Stadt. Bei einem natürlichen Swimmingpool am Fluss sind einige ältere Herren versammelt, welche die heissen Sommertemperaturen für ein kühles Bad mitten in der Stadt nutzen. Es ist so viel Lebensqualität, wenn Städte solche Grünflächen haben, mit denen man sich ganz weit fort vom Trubel fühlt.

Kein Besuch einer Stadt kann für uns komplett sein, ohne den lokalen Markt zu besuchen und somit geht es als Abschluss von unserem Yerevan-Aufenthalt zum grossen GUM Markt. Stände mit Gemüse und Früchten, Nüssen und eingelegtem Gemüse reihen sich aneinander und eine ganze Abteilung hat sich dem Lavash-Brot gewidmet. Die beliebten dünnen Fladenbrote werden hier frisch hergestellt und in grossen Stapeln angeboten. Und wie in Georgien und im Iran werden auch hier Nüsse in Fruchtleder gewickelt und als Snacks verkauft, Lavashak genannt. Der Geschmack ist süss-sauer und macht nach den ersten paar Bissen süchtig. Wir probieren uns durch das Angebot und werden dabei von einem älteren Mann entdeckt und schnurstracks abgezogen in seine kleine enge Lagerhalle am Rande der Marktstände. Er präsentiert uns seinen selbstgemachten Honig und dann holt er auch noch einen starken Schnaps hervor, Widerstand zwecklos.

Etwas dusselig von den vielen Eindrücken und den heissen Temperaturen beenden wir unser Sightseeing in Yerevan. Die Stadt gefiel uns gut, auch wenn wir doch sehr überrascht waren wie herausgeputzt und teuer alles im Zentrum ist. Nun sind wir dafür umso neugieriger auf das restliche Armenien und darauf, wie gross der Kontrast zwischen Stadt und Land sein wird.

Dieser nette Herr lädt uns auf eine Schnaps-Degustation ein
Dieser nette Herr lädt uns auf eine Schnaps-Degustation ein
Auf dem grossen GUM Markt
Auf dem grossen GUM Markt

Radreise durch den Norden Armeniens: Wälder, Blumenwiesen und steinalte Klöster

Wir verlassen Yerevan und fahren durch sanfte Hügellandschaften und kleine Dörfer, die uns stark an Georgien erinnern. Ladas knattern über die Strassen, Kühe säumen die Strassen, ältere Frauen tragen geblümte Kleider, gelbe oberirdische Gasleitungen ziehen sich durch die Dörfer und kleine Tante-Emma-Läden verkaufen das Nötigste. Das ist der Kaukasus wie wir ihn kennen und trotzdem wirkt alles irgendwie etwas aufgeräumter als erwartet.

Auf 1900 Metern Höhe befindet sich einer der grössten Hochgebirgsseen weltweit - der glitzernde Sevan-See. Der See ist ca. zweimal so gross wie der Bodensee und bietet eine eindrückliche Kulisse mit den Bergen im Hintergrund. Im Sommer kurven Boote über den See und entlang vom Ufer reichen sich Hotelanlagen und Campingplätze. Bis wir ankommen ist es aber bereits Abend und zu kühl für ein Bad im See. Dafür zelten wir in Seenähe und geniessen ein Frühstück mit Aussicht. Wenn wir noch etwas mehr Zeit hätten, wären wir gerne noch eine kleine Runde dem See entlanggefahren, doch wir haben bereits unser Apartment in Tbilisi gebucht und sind daher nicht so flexibel wie sonst.

Wir besuchen wenigstens noch das malerisch gelegene Kloster Sevanavank auf einer Halbinsel, wohl eines der bekanntesten Postkartenmotive Armeniens. Ursprünglich befand sich das Kloster auf einer kleinen Insel, als jedoch unter Stalins Herrschaft das Wasser des Sees zunehmend zur Bewässerung von Ackerflächen abgelassen wurde, fiel der Wasserspiegel um gute 20 Meter (!) ab und verwandelte die einstige Insel in eine Halbinsel. Seit 1930 ist das Kloster verlassen, doch die Kirche wird immer noch als Seminar- und Rückzugsort benutzt. Ein Besuch lohnt sich allemal schon für die Aussicht auf den Sevan-See.

Postkartenmotiv Kloster Sevanavank
Postkartenmotiv Kloster Sevanavank
An dieser erhöhten Stelle über dem See befand sich einst ein heidnischer Tempel, der jedoch im Jahr 305 durch eine heute zerstörte Kirche ersetzt wurde
An dieser erhöhten Stelle über dem See befand sich einst ein heidnischer Tempel, der jedoch im Jahr 305 durch eine heute zerstörte Kirche ersetzt wurde
Zum Baden ist der Bergsee im Juni leider zu kühl
Zum Baden ist der Bergsee im Juni leider zu kühl
Abendessen am Sevan-See
Abendessen am Sevan-See

Wir fahren weiter durch eine Berglandschaft, die teilweise an die Schweiz erinnert. Unser Ziel ist der Dilijan Nationalpark im Nordosten des Landes, ein beliebtes Wandergebiet mit dunklen Nadelwäldern, Waldseen und einigen Klöstern und Kirchen. Wir übernachten im wunderbaren Toon Armeni Bed & Breakfast und unternehmen verschiedene Wanderungen und sind endlich wiedermal in einem ausgedehnten Wald unterwegs. Nach vielen Monaten in kargen Ländern wie dem Oman oder dem Iran können wir Wälder nochmals mehr wertschätzen.

Toon Armeni B&B
Toon Armeni B&B
Der Dilijan Nationalpark ist ein Wanderparadies
Der Dilijan Nationalpark ist ein Wanderparadies
Wie man Lisa happy macht? Mit Wäldern (neuerdings)
Wie man Lisa happy macht? Mit Wäldern (neuerdings)
und leckerem vegetarischem Essen
und leckerem vegetarischem Essen

Wir laufen durch üppige Wiesen voller Wildblumen und sind überrascht, dass wir in dieser fantastischen Landschaft keiner Menschenseele begegnen. Armenien scheint als Reise- und Wanderland noch ein gut gehütetes Geheimnis zu sein. Mitten in der urwüchsigen Natur entdecken wir die mittelalterlichen Klöster Matosavank und Juchtak, die heute verlassen und von dichtem Moos überwachsen sind. Eine fast schon mystische Szenerie. Wir wandern für einen Tag auf dem Transcaucasian Trail, einem 3000 km langen Fernwanderweg der über den Kaukasus und durch Georgien und Armenien führt. Meine Gedanken schweifen ab, wie wäre es mal solch eine Fernwanderung zu unternehmen statt immer mit dem Fahrrad unterwegs zu sein? Dario neigt da schon eher zu Tagträumereien von einem ausgebauten Campervan, mit dem sich die Welt viel bequemer erkunden lassen würde. Wer weiss, wie sich unsere Reise noch entwickeln wird. Im Moment geniessen wir es jedenfalls noch viel zu sehr mit dem Rad unterwegs zu sein und ab und zu kürzere Wanderungen zu unternehmen.

Eindrückliche Landschaften, historische Klöster und stillgelegte Fabriken im Debed Canyon

Die letzte Etappe unserer Armenien-Reise führt uns von Vanadzor aus durch die Debed-Schlucht in Richtung Georgien. Die Landschaft ist spektakulär, doch die Orte wirken wie vergessen in der Zeit. Wir fahren entlang zahlreicher stillstehender Fabriken und besonders die ehemalige Industriestadt Alaverdi bietet einen tristen Anblick mit ihren rostigen Seilbahnen, die früher die Minenarbeiter transportierten und uns stark an Chiatura in Georgien erinnert. Der bewölkte Himmel tut das übrige, dass die Leichtigkeit, die wir in der Hauptstadt Yerevan verspürten, hier ganz weit weg zu sein scheint. Nichts ist mehr geblieben vom aufgeräumten und wohlhabenden Eindruck, überall sehen wir verfallene Gebäude, geschlossene Restaurants und es herrscht eine betrübte Stimmung.

Neben zahlreichen Klöster finden sich in der eindrücklichen Debed Schlucht auch viele leerstehende Fabriken
Neben zahlreichen Klöster finden sich in der eindrücklichen Debed Schlucht auch viele leerstehende Fabriken
Alaverdi war früher ein wichtiges Industriezentrum
Alaverdi war früher ein wichtiges Industriezentrum

Auch wenn wir viele Kloster und Kirchen links liegen lassen, da der Umweg zu gross gewesen wäre, so entscheiden wir uns doch noch für zwei Abstecher. Ein steiler Pfad führt hinter dem Dorf Dsegh hinauf zum mittelalterlichen Kloster Kobayr aus dem 12. Jahrhundert, das hoch über der Debed Schlucht thront. Hierher scheinen sich nicht allzu viele Besucher zu verirren und die Stimmung ist einmalig.

In Armenien soll es über 50'000 solcher Khachkare geben
In Armenien soll es über 50'000 solcher Khachkare geben
Kloster Kobayr in der Debed Schlucht
Kloster Kobayr in der Debed Schlucht
Die Fresken werden gerade restauriert
Die Fresken werden gerade restauriert
Die wunderschöne armenische Schrift entstand im 4. Jahrhundert n. Chr.
Die wunderschöne armenische Schrift entstand im 4. Jahrhundert n. Chr.
Diese Frau verkauft auf dem Weg zum Kloster frisch gemachten traditionellen Kuchen (Gata)
Diese Frau verkauft auf dem Weg zum Kloster frisch gemachten traditionellen Kuchen (Gata)

Fester Bestandteil vom touristischen Kulturprogramm von Reisegruppen ist im Gegensatz dazu das Kloster Haghpat, das auf 1200 m Höhe an der obersten Stelle vom Dorf Haghpat thront. Wir entscheiden uns spontan für einen Abstecher und kämpfen uns die steilen 300 Höhenmeter hoch und entdecken dabei einen Campingplatz in der Nähe vom Kloster. Der kommt gerade wie gerufen und wir stellen unser Zelt mit Aussicht auf die umliegenden Hügel auf und besuchen das Kloster zusammen mit vielen anderen Touristen am Nachmittag.

Das Kloster Haghpat wurde im 10. Jahrhundert als Wehrkloster konzipiert, wovon die Wachtürme und die dicken Mauern zeugen. Die grosse mittelalterliche Klosteranlage ist eine ehemalige Universität und gehört zusammen mit dem Kloster Sanahin zum UNESCO Weltkulturerbe. In den dunklen nackten Räumen fehlen die üblichen farbenfrohen Fresken und sie wirken auf uns mit dem spärlichen Licht bedrückend und zugleich faszinierend. Rund um das Kloster stehen vereinzelte Khachkare, kunstvoll behauene Kreuzsteine, die typisch für Armenien sind und deren Ursprünge in heidnischer Urzeit liegen.

Der grosse mittelalterliche Klosterkomplex ist eine ehemalige Universität
Der grosse mittelalterliche Klosterkomplex ist eine ehemalige Universität
Wie ein Ort auf uns wirkt hat ziemlich direkt mit Wetter und Menschenmassen zu tun
Wie ein Ort auf uns wirkt hat ziemlich direkt mit Wetter und Menschenmassen zu tun

Die vielen Besucher hier lenken jedoch ab von der Atmosphäre dieser ehrwürdigen Mauern und wir kommen am nächsten Morgen nochmals zurück und sind dabei fast alleine vor Ort. Nun wirkt das Kloster nochmals ganz anders auf uns. Von Haghpat ist es nicht mehr weit bis nach Georgien und wir verlassen die Debed-Schlucht und erreichen weite landwirtschaftlich genutzte Flächen, die uns bis an die Grenze begleiten.

Die 10 Tage in Armenien waren viel zu wenig, denn das geheimnisvolle Kaukasusland besticht durch seine Idylle und menschenleere Wanderwege und hat uns mit seiner landschaftlichen Schönheit und der Kombination aus Natur, Kultur und guter Küche absolut begeistert. Gerne hätten wir noch mehr Zeit im Land verbracht und auch den Süden mit dem Rad bereist. Vielen Dank Armenien für einen ersten viel zu kurzen Einblick in deine schönen Naturlandschaften, deine geheimnisvollen Klöster und deine bewegte und ereignisreiche Geschichte. Wir müssen wohl fast nochmals wiederkommen und dieses vielseitige Land ausserhalb ausgetretener Pfade intensiver erkunden.

Abschied nach 10 Tagen von den Blumenwiesen im schönen Armenien
Abschied nach 10 Tagen von den Blumenwiesen im schönen Armenien

Uns zieht es weiter in die georgische Hauptstadt Tbilisi, wo wir für einen Monat eine Pause einlegen und uns Zeit nehmen möchten, die vielen intensiven Eindrücke aus dem Iran zu verarbeiten, bevor unsere Reise weiter in Richtung Osten führt.

Für einen Monat zurück in unserem Lieblingsviertel Marjanishvili in Tbilisi
Für einen Monat zurück in unserem Lieblingsviertel Marjanishvili in Tbilisi
Arbeitsplatz mit Kater
Arbeitsplatz mit Kater
Wer würde sich nicht in diese Stadt verlieben?
Wer würde sich nicht in diese Stadt verlieben?
Manchmal träumen wir sogar von einer Wohnung mit Balkon in Tbilisi
Manchmal träumen wir sogar von einer Wohnung mit Balkon in Tbilisi

4 Antworten zu “Überraschendes Armenien: Unterwegs im Land der Wildblumen (48)”

  1. Liebe Lisa & Dario!
    Danke für diesen Bericht über ein sehr schönes Land mit einer tragischen Geschichte und auch schwierigen Gegenwart! Wir haben im Juli 2017 eine Reise mit https://www.weltweitwandern.at/ in diese Land genossen und viele der von euch besuchten Orte besucht. Ja, dieses Land ist eine längere Reise wert! Auch wir haben fantasiert, nochmals auf eigene Faust dieses Land zu erkunden.
    Hier findet ihr unsere Photos bzw. komoot-Berichte:
    https://www.paul-engl.at/category/middle-east/armenia/
    Und hier eine Karte mit der Reiseroute:
    https://www.paul-engl.at/armenia-travelmap/
    Mit lieben Grüßen in den Oman!
    A&B

    • Vielen herzlichen Dank! Armenien lässt sich auch sehr gut individuell bereisen, sei es mit einem Mietwagen oder sonst auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Es gibt auch einen Nachtzug von Yerevan nach Tbilisi, was auch eine spannende Kombinationsmöglichkeit wäre. Liebe Grüsse aus Usbekistan, Lisa & Dario.

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