24.09.2020

Reise in den tiefsten Süden Kroatiens (9)

Kroatien Teil 3: Von Split bis zur Prevlaka-Halbinsel

Von Split ging es in drei Stunden mit der Fähre bis nach Vela Luka auf der Insel Korčula (279 km²), dem Geburtsort Marco Polos. Wir fuhren entlang der Küste von Brac und Hvar, den beliebten Urlaubsinseln und erreichten den kleinen Ort Vela Luka kurz nach Mittag. Auch die «grüne Insel» Korčula ist mit 48 km wieder eine lange Insel und leider auch nicht ganz flach. Im schmucken Ort Blato ging es steil bergauf und auf der anderen Seite wieder an die Küste hinunter. Es wurde langsam dunkel und Zeit, uns einen Übernachtungsort zu suchen. Wie immer ist das etwas schwierig auf den kroatischen Inseln, da die Buchten oftmals 100 Meter tiefer als die Hauptstrasse liegen und man so einen Exkurs dann spätestens am nächsten Morgen beim Hochschieben der Fahrräder bereuen würde. Diesmal hatten wir Glück – eine Bucht befand sich an der Hauptstrasse mit einer vorgelagerten Insel. Leider wurde diese bis spät abends von Spaziergängern und Kinder auf Abenteuerstreifzug besucht. Wir begannen dann trotzdem unser Abendessen am Strand zu kochen unter einigen neugierigen Blicken und als es langsam eindunkelte ging es rüber auf die Halbinsel und auf dem Kiesplatz von einem Spielplatz stellten wir unsere Zelte auf. Auch wenn uns einige Passanten gesehen haben, so war es doch in Ordnung und wir konnten friedlich einschlafen.

Blick auf Blato
Blick auf Blato

Am nächsten Tag ging es steil bergauf bis in den kleinen Ort Smokvica. Unterwegs boten sich tolle Ausblicke entlang der Küste. Im Hinterland verlockte dann überall die Möglichkeit, Olivenöl oder Wein zu erwerben. Wir mögen diese Weiler, in denen eigentlich nichts los ist, man sich gegenseitig grüsst und die wenigen Cafés von ein paar älteren Herren frequentiert werden. Das Gegenteil von den touristischen Orten an der kroatischen Küste. Im Hauptort Korčula schlenderten wir durch die schönen mittelalterlichen Gassen und sprachen mit den Restaurantbesitzern. Die vielen Cafés und Souvenirläden waren leer und das Personal wartete auf Kundschaft. Anscheinend planen sie die Saison bereits Mitte September zu beenden statt wie sonst Ende Oktober. Es ist immer schade, wenn sich eine Destination nur auf den Tourismus ausrichtet, man sieht im Moment wie fragil dieses System ist. In der Umgebung von Lumbarda locken zwei schöne Sandstrände, eine Seltenheit in Kroatien und wir fanden einen wunderbaren und ruhigen Übernachtungsplatz am Ende einer Halbinsel mit Blick aufs Meer. Es war so warm, dass wir nicht mal unser Zelt aufstellten.

Mljet – länger als geplant

Wir staunten nicht schlecht ab den stolzen Fährpreisen für die 30-minütige Überfahrt von Korčula nach Pomena auf der Insel Mljet für CHF 60.- für zwei Personen und zwei Räder. Nun ja, es gab ja keine andere Möglichkeit direkt von Korčulaauf die schöne Insel Mljet zu gelangen. Kurz hinter Pomena beschlossen wir gleich den Nationalpark Mljet zu besuchen, der den nordwestlichen Teil der grünen Insel umfasst. Das Herz bilden die beiden Salzseen inmitten von dichten Wäldern. Im grösseren Salzsee befindet sich das Benediktinerkloster St. Maria aus dem 12. Jahrhundert. Wenn man dem Fährmann winkt, bringt er einem rüber zum Restaurant. Überall boten sich uns wunderschöne Ausblicke und wir blieben viel zu lange in dem Nationalpark und kamen daher nicht mehr wirklich weiter auf der Insel und übernachteten spontan in der kleinen Ortschaft Polače.

Nationalpark Mljet
Nationalpark Mljet
Kloster St. Maria im Nationalpark Mljet
Kloster St. Maria im Nationalpark Mljet

Am nächsten Morgen pumpte Dario noch etwas Luft in unsere Reifen und wir fuhren los in Richtung Saplunara. Doch schon nach wenigen Kurve dampfte Darios Reifen nach einem lauten Knall vor sich hin und es hiess erst mal warten und reparieren. Bei der Reparatur fanden wir heraus, dass beim Schlauchwechsel am zweiten Tag unserer Reise der Reifen leicht beschädigt wurde und wir dies erst jetzt entdeckten. Drei Stunden später ging es wieder weiter, 10 km bis zum nächsten Platten und wir mussten dann irgendwann resigniert ein Taxi bestellen, dass uns bis in den Ort Saplunara brachte. Dabei konnten wir die malerische Landschaft nur im Vorbeirauschen erahnen. In Saplunara mieteten wir ein Apartment am Meer und nahmen uns Zeit, den Reifen zu nähen, an der Website zu arbeiten und an den traumhaften Sandstränden zu baden.

Wir hätten noch viel länger bleiben können als drei Nächte, denn Saplunara hat definitiv Flair. Neben den Sandstränden gibt es noch drei Bars und einen Supermarkt und ein paar Apartments, keine grosse Hotelanlage und auch keine Unterhaltung. Aber für uns war es perfekt. Wir konnten morgens früh direkt von der Unterkunft ins glasklare Meer springen und uns viel Zeit nehmen. Das Apartment wurde von einer Familie vermietet, die auch ein Restaurant betreibt, das in ganz Dalmatien bekannt sein soll für seine Spezialitäten in einer Peka, einer kuppelförmige Eisenglocke. Dies ist eine alte dalmatische Zubereitungsart, bei der unter dieser Peka im Ofen während Stunden die verschiedenen Zutaten gar werden. Alle Zutaten kamen aus dem eigenen Garten oder aus dem Meer und überall wuchsen Oliven, Zitronen, Granatäpfel. Die Grossmutter war zudem auch immer für einen Schwatz auf Kroatisch-Französisch-Englisch-Deutsch aufgelegt und wir fühlten uns auch hier sehr wohl.

Darios Reifen war behelfsmässig repariert und wir wagten es, endlich wieder weiterzufahren und die schöne Landschaft Mljets nun auch wieder mit dem Fahrrad zu erkunden. Bereits um sechs Uhr waren wir unterwegs und kamen so in den Genuss der friedlichen Morgenstimmung mit Sonnenaufgang und verkehrsfreien Strassen.

Morgenstimmung auf Mljet
Morgenstimmung auf Mljet

Eine Fähre brachte uns wieder zurück aufs kroatische Festland auf die bergige Halbinsel Pelješac, bekannt für ihren Rotwein, Austern und die zweitlängste Mauer der Welt. In der kleinen Stadt Ston gibt es so einiges zu sehen, den hier befindet sich neben der Salzsaline auch mit 5.5 km die längste Festungsmauer Europas aus dem 14. Jahrhundert, die Ston mit Mali Ston verbindet. Der Anblick bei der Anfahrt erinnert auch tatsächlich an die bekannten Bilder von der chinesischen Mauer und wir hätten das in dieser Landschaft überhaupt nicht erwartet. Wir verzichteten aber aufgrund der hohen Temperaturen auf die Wanderung über die Hügel und zu den verschiedenen Türen und Bastionen und genehmigten uns nur einen Kaffee und fuhren weiter durch die landwirtschaftlich geprägte Gegend in Richtung Dubrovnik.

Blick auf die Mauer von Ston
Blick auf die Mauer von Ston

Überall wiesen Schilder auf den Weinverkauf und man hätte den ganzen Tag mit Degustationen verbringen können. Vielleicht kommen wir mal wieder zurück und nehmen uns mehr Zeit für die schöne Halbinsel, doch wir wollten möglichst nahe an Dubrovnik übernachten. Leider klappt auf unserer Reise nicht immer alles wie geplant und an diesem Abend hatten wir etwas Pech. Darios Reifen ging wieder auf und musste neu genäht werden, gleichzeitig dunkelte es ein und wir fanden einfach keinen Platz zum Wildzelten. Solche Momente sind frustrierend, besonders wenn man schon viele Kilometer gefahren ist und entsprechend einfach nur noch müde und hungrig ist und dabei auch noch Entscheidungen treffen sollte. Aber wir lernten in den letzten Wochen in solchen Momenten wirklich flexibel zu bleiben und am nächsten Tag sieht die Welt immer gleich wieder besser aus. Wir fanden spät abends ein Zimmer im Fischerdorf Zlaton kurz vor Dubrovnik und kochten unser Essen, tranken ein Bier und plötzlich war eigentlich alles in Ordnung.

Manchmal geht nicht alles wie geplant
Manchmal geht nicht alles wie geplant

Dubrovnik ohne Touristen

Entlang der Küstenstrasse und über eine beeindruckende Brücke erreichten wir den Hafen von Dubrovnik, der ohne die üblichen Kreuzfahrtschiffe erstaunlich verwaist schien. Wir erledigten einige Besorgungen und besuchten dann spontan noch das Red History Museum, das sich in einer ehemaligen Industrieanlage befindet. Das neuste Museum Dubrovnik erzählt auf eine interaktive Weise Details über das Leben im kommunistischen Jugoslawien und ist sehr lehrreich und trotzdem unterhaltsam. Man erhielt neben der Geschichte auch Einblick in den Alltag der Menschen, welche Möbel sie kauften, wie sie sich kleideten und welche Musik sie hörten. So findet sich im Museum eine typisch jugoslawische Wohnung wie man sie in den 1970er und 1980er Jahren in vielen sozialistischen Gebäuden fand. Mit Hilfe einer App kann man auch immer wieder eintauchen und Originalnachrichten vom Tod Titos hören oder einen BH-Werbespot ansehen.

Brücke nach Dubrovnik
Brücke nach Dubrovnik
Besuch vom Red History Museum
Besuch vom Red History Museum

Danach ging es aber weiter zur berühmten Altstadt von Dubrovnik mit ihrer einmaligen Lage. Dario kannte Dubrovnik bereits aus einer Reise vor fast 20 Jahren und Lisa wollte Dubrovnik schon lange besuchen, aber irgendwie verging dann die Lust die letzten Jahre mit der ganzen Overtourismus-Thematik. Denn die schöne Stadt hat nur 42'000 Einwohner, im Sommer normalerweise 20x mehr wegen den vielen Touristen und seitdem ein Teil der beliebten Serie «Games of Thrones» hier gedreht wurde, wuchs die Besucherzahlt jährlich nochmals um 10 Prozent. Die Einheimischen werden aus der Altstadt verdrängt, die Mietpreise steigen und statt Lebensmittelläden finden sich mehrheitlich Restaurants und Souvenirläden in der Altstadt. Besonders schlimm muss die Situation sein, wenn mehrere Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig anlegen. Anscheinend verziehen sich viele Altstadtbewohner dann in ihre Wohnung und schauen auf einem Live-Stream dem touristischen «Ansturm» auf ihre Stadt zu. Doch dieses Jahr ist alles anders und die Strassen sind wie leergefegt und die Bewohner wieder mehrheitlich unter sich.

Hauptgasse der Altstadt von Dubrovnik
Hauptgasse der Altstadt von Dubrovnik

Eigentlich wollten wir nur einen kurzen Stopp in Dubrovnik einlegen, doch einer der schönsten Städte Europas ohne Touristenmassen zu erleben, wollten wir uns nicht entgehen lassen und entschieden uns eine Nacht zu bleiben. So schlenderten wir durch die UNESCO-geschützte Altstadt und liessen uns von der besonderen Atmosphäre verzaubern. Kein Wunder, dass so viele Besucher hierherkommen, Dubrovnik mit seiner gut erhaltenen Altstadt, der Befestigungsmauer und den Kirchen und Palästen ist wirklich sehr reizvoll. Wir nehmen diese besonderen Augenblicke in Gedanken mit, wohlwissend, dass wir eventuell nicht mehr zurückkommen werden und Dubrovnik gerne in Erinnerung behalten, wie es vielleicht früher einmal war.

Abschied von Kroatien

Nach 26 Tagen verliessen wir Kroatien, aber nicht ohne nochmals einen würdigen Abschluss von diesem schönen Land zu haben. Wir entschieden uns für eine besondere Route und nicht über den stark befahrenen Grenzübergang an der Hauptstrasse nach Montenegro. Wir fuhren immer weiter südlich entlang einer unbewohnten Hügellandschaft immer weiter bis zur Halbinsel Prevlaka. Von hier aus konnten wir bereits den neu renovierten Grenzübergang nach Montenegro erblicken, der nun wieder geöffnet sein soll. Wir übernachteten auf einer Wiese mit Zugang zum Meer und genossen den letzten Abend hier am südlichsten Punkt des Landes. Plötzlich fuhr ein Auto vorbei und stoppte und wir dachten schon, wir müssten weiterziehen und dürfen nicht hier übernachten. Doch der nette Mann machte uns nur darauf aufmerksam, dass wir kein Feuer entfachen sollten. Kurz darauf kam er dann nochmals vorbei und überreichte uns zwei kühle Biere mit den Worten «Welcome to our Paradise». Was für eine schöne Überraschung! Und am nächsten Morgen ging es gleich weiter mit einer Ziegenherde, die bei unserem Zeltplatz vorbeikam. Anscheinend waren wir im Weg ihrer typischen Morgenroute.

Nun hiess es aber Weiterreisen in Richtung Montenegro. Danke Kroatien, du hast uns reich beschenkt und wir kommen sicher wiedermal zurück zu deinen unglaublichen Blau- und Grüntönen, zu deinen wunderbaren Altstädten und gastfreundlichen Einwohnern.

Farben Kroatiens
Farben Kroatiens
Kroatien, wir werden dich vermissen
Kroatien, wir werden dich vermissen

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