13.02.2022

Über die Berge zu traditionellen Dörfern und imposanten Forts (35)

Die arabische Welt Teil 3: Mit dem Rad von Schinas nach Nizwa

السلام عليكم - as-salāmu ʿalaikum, trinkt einen Tee mit uns! Ein paar Frauen winken uns zu sich. Sie sitzen mit ihren Kindern vor ihrem Haus auf grossen Bastmatten und essen Datteln und trinken Tee und den aromatischen arabischen Qahwa (Kaffee), der mit Kardamom verfeinert ist und einen kräftigen Geschmack hat. Wir haben uns gerade verfahren und sind nun bereits das zweite Mal bei ihnen vorbeigekommen und mit unseren vollbepackten Rädern sind wir in diesem Teil vom Oman alles andere als anonym und inkognito durch ein Dorf zu fahren ist nicht gut möglich. Natürlich nehmen wir die Einladung an und setzen uns zu ihnen in den Schatten und unterhalten uns mit Händen, Füssen und Lisas eingerosteten Arabischkenntnissen. Bisher konnten wir uns im Oman überraschend gut auf Englisch verständigen, doch sobald man sich abseits der touristischeren Orte bewegt, hilft einem Arabisch einiges weiter. Nach unserem Abstecher nach Musandam befinden wir uns nach der Fährfahrt nun an der dicht besiedelten, flachen und fruchtbaren Batinah-Ebene zwischen dem Hajar-Gebirge und dem Golf von Oman. Wir fahren der Küste entlang von Dorf zu Dorf und werden immer wieder mal auf einen Tee eingeladen, eine seltene Gelegenheit mit den omanischen Frauen in Kontakt zu kommen. Viele tragen farbenfrohe lange Kleider, die oftmals mit Stickereien verziert sind und kombinieren dazu ein passendes Kopftuch. Sind die Frauen in der Stadt unterwegs, tragen sie darüber noch ein schwarzes Überkleid, eine Abaya.

Wir sind generell überrascht wie traditionell sich die Menschen im Oman kleiden und zwar auch bereits die Kinder. Lediglich die Gastarbeiter aus Asien sehen wir in T-Shirts und Jeans rumlaufen, aber die Omanis tragen nach wie vor meistens ihre eleganten Gewänder. Die Männer sieht man gekleidet in einem langen und oftmals weissen Gewand, das Dishdasha genannt wird. Vom Kragen baumelt eine Quaste, die in Parfüm getaucht wird und kein Mann geht ohne Hut aus dem Haus, was Dario natürlich besonders gefällt. Entweder tragen die Männer einen Turban oder dann die Kumma, eine chice bestickte runde Kappe, die es in den unterschiedlichsten Farben gibt. Traditionellerweise würden zu diesem Outfit auch noch ein Krummdolch aus Silber oder ein Schwert gehören, für deren Herstellung der Oman berühmt ist.

Schon bald erfahren wir auch, was die Omanis am Wochenende besonders gerne machen. Eine der liebsten Freizeitbeschäftigung scheint es zu sein, den Abend bzw. die ganze Nacht am Strand zu verbringen und zwar am liebsten mit dem Auto. Die ersten Nächte an der omanischen Küste werden daher nicht besonders entspannt, sind wir oftmals bis spät abends umgeben von anderen Menschen, die am Strand picknicken, Tee trinken oder oftmals auch einfach nur im Auto sitzen und aufs Meer gucken. Wir haben schnell genug von der Küste und biegen ab ins Landesinnere in Richtung Berge nach Rustaq.

Morgenstimmung
Morgenstimmung

Auf dem Weg dorthin machen wir einen Abzweiger zum Wadi Al Hoqain und sehen auch gleich unser erstes Dromedar der Reise vom Fahrrad aus. Auch wenn es bereits dämmert, sitzt am Wadi unten immer noch eine Grossfamilie beim Picknick. Wir beschliessen, in Zukunft mehr darauf zu achten, wann gerade Wochenende ist und diese Tage an weniger beliebten Plätzen zu übernachten. Obwohl wir die Geselligkeit und die Gesellschaft sehr schätzen, so sind wir manchmal abends auch einfach nur erschöpft vom Rad fahren und möchten uns zurückziehen. An diesem Abend haben wir Glück und finden doch noch einen einsamen Platz direkt am idyllischen Wadi, auch wenn wir die Räder dafür durchs Wasser und über die Steine schieben müssen.

Grosszügige Gastfreundschaft in Rustaq

Wir fahren weiter dem Wadi entlang und kommen immer wieder an Dörfern und Plantagen mit Dattelpalmen vorbei und vor lauter Staunen vergessen wir schon fast die Anstrengung. In der Stadt Rustaq treffen wir auf Saif, den wir über die Plattform Warmshowers kennengelernt haben. Wir planten bei ihm und seiner Familie eine Nacht zu verbringen, aber da er gerade keinen Platz bei sich hat, quartiert er uns umgehend im einzigen Hotel der Stadt ein und bezahlt auch gleich das Zimmer für uns. Und wir müssen lernen, mal einfach nur Gast zu sein und anzunehmen, auch wenn es uns schwerfällt und wir wissen, dass wir diese unglaubliche Gastfreundschaft nicht im gleichen Masse zurückgeben können. Saif arbeitet als Leiter von einem Call-Center in Muscat und obwohl er in dieser Nacht noch arbeiten muss, nimmt er sich viel Zeit für uns.

Wir besuchen eine Halwa-Fabrik und erfahren mehr über diese im Oman so beliebte Spezialität, die (leider) nichts mit dem uns aus der Türkei bekannten Halva zu tun hat. Das omanische Halwa ist eine süsse, geleeartige Masse, das an religiösen Feiertagen serviert wird und schon seit Jahrhunderten hergestellt wird. Zu den Zutaten gehören viel Zucker, Wasser, Rosenwasser, Nüsse wie Mandeln und Pistazien und Gewürze wie Kardamon und Safran. Das Ganze wird zwei Stunden lang gerührt und anschliessend getrocknet. Unterdessen übernehmen die Maschinen die anstrengende Arbeit, aber die Produktion von Halwa liegt immer noch fest in der Hand von kleinen Familienbetrieben und viele Orte haben ihren Halwa-Produzenten und die Einheimischen wissen genau, wer das beste herstellt. Wir sind in einem völlig unscheinbaren Betrieb gelandet, denn wir ohne Saif nie gefunden hätten. Wir probieren das noch warme Halwa, das mit Nüssen dekoriert und in Schalen abgefüllt wird. Es ist sehr süss und geschmacksvoll und natürlich bekommen wir gleich noch zwei Boxen für die Reise geschenkt, Widerstand zwecklos. Doch der Tag ist noch nicht zu Ende und Saif unternimmt mit uns am späten Nachmittag noch eine Panorama-Fahrt mit dem Jeep von Rustaq zum Wadi Sahtan mit seinem markanten Felsenbogen. Wir sind absolut gerührt ab seiner Gastfreundschaft und staunen nicht schlecht, als er nach diesem vollen Tag tatsächlich noch nach Muscat fährt, um seine Nachtschicht zu beginnen.

Spektakuläre Off-Road-Strecke von Rustaq nach Al Hamra

Am nächsten Morgen holt uns Saif bereits früh wieder im Hotel ab, obwohl er die ganze Nacht gearbeitet hat. Er möchte uns mit seinem Jeep über die Hajar-Berge bringen bzw. auf den 2000 m hohen Pass hoch. Natürlich reizte es uns wahnsinnig, diese Strecke selber zu fahren, doch hätten wir dafür mindestens zwei Tage benötigt und zudem haben wir von allen Seiten vernommen, dass die Strecke mit dem Rad von der anderen Seite her viel besser befahrbar wäre. Daher nehmen wir den Vorschlag von Saif dankend an und befestigen unsere Räder im und auf dem Jeep und machen uns auf den Weg zu einer landschaftlich absolut spektakulären Strecke. Wir sind schon sehr bald froh, dass wir nicht mit den Rädern nach oben fahren müssen, denn auf dem Weg finden sich immer wieder unglaubliche Steigungen und dazu kommen teilweise tiefe Sandpisten. Die aufregende Strecke führt an schmalen Felsstürzen entlang und oftmals ist kein Platz, um ein anderes Fahrzeug vorbeizulassen. Je weiter wir uns in Richtung Pass bewegen, umso waghalsiger und steiler werden die Kurven und wir hätten unsere Räder nur noch gestossen. Vom Jeep aus können wir die Strecke jedoch so richtig geniessen.

Jeeptour mit Saif durch das Wadi Bani Awf
Jeeptour mit Saif durch das Wadi Bani Awf
Die steile Strasse auf den Pass
Die steile Strasse auf den Pass
Im Hintergund sieht man die Snake Gorge
Im Hintergund sieht man die Snake Gorge

Unterwegs stoppen wir im Wadi Bani Awf, einer prächtigen Schlucht mit hohen Felswänden. An den Rand des Wadis klammern sich Dörfer mit Dattelplantagen und wir erhalten einen Einblick in das ländliche Leben jenseits der bevölkerten Ebene. Etwas weiter oben kommen wir an Bilad Sayt vorbei, das mit seiner postkartenschönen Kombination aus Terrassenfeldern und traditionellen Häusern wohl eines der hübschesten Dörfer des Landes ist. Besonders eindrücklich ist der Anblick der Schlucht Snake Gorge, die sich tief in die Felsen gräbt und wohl ein wunderbares Wanderziel wäre. Wie gerne hätten wir ein paar Tage in dieser Gegend verbracht, doch leider ist unser Aufenthalt im Oman mit unserem Touristenvisum limitiert und wir können uns nicht mehr so viel Zeit nehmen wie in den Ländern davor. Nach über vier Stunden Fahrt erreichen wir auf 2000 Metern einen windigen und exponierten Aussichtspunkt und blicken auf eine karge mondähnliche Felslandschaft. Wir verabschieden uns von Saif, der nun wieder nach Muscat fährt und anschliessend gleich wieder arbeiten muss. Wir fragen uns, ob wir uns in der Schweiz so viel Zeit für Gäste genommen hätten, wenn wir in den normalen Arbeitsalltag eingebunden wären. Wir befürchten wohl eher nicht und nehmen uns vor, so viel wie möglich von dieser Reise mit zu nehmen und später in unseren Alltag zu integrieren. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank Saif!

Bilad Sayt
Bilad Sayt
Snake Gorge
Snake Gorge

Traditionelle Wasserkanäle und Dattelplantagen

Auf der anderen Seite vom Pass geht es mit einer viel bequemeren Asphaltstrasse wieder runter und wir erreichen das Dorf Al Hamra und nach einem letzten knackigen Anstieg den kleinen Ort Misfat al Abriyyin, wo wir einen Pausentag einlegen möchten. Es gehört zu den wenigen traditionellen Dörfern im Oman, das Touristen gegenüber aufgeschlossen ist und trotzdem sehen wir hier ganz viele Schilder, welche auf die Kleidervorschriften aufmerksam machen. Ärmellose Oberteile und kurze Hosen sind verpönt. Obwohl es im Oman keine Kleidungsvorschriften für Touristen gibt, fühle ich mich als Frau doch viel wohler mit langer Kleidung, sogar wenn wir mit dem Fahrrad unterwegs sind. Trotzdem hat es etwas abschreckendes, wenn man alle paar Meter auf die korrekte Kleidung hingewiesen wird.

Wir machen uns auf die Suche nach einem Restaurant und werden enttäuscht. Es gibt im kleinen Dorf Misfat al Abriyyin zwar ganze vier (!) moderne Kaffees mit guten Kaffeemaschinen, welche Kuchen anbieten, aber nur ein einziges kleines Restaurant, das abends jedoch geschlossen hat. Dabei würde sich der malerische Ort mit seinen terrassenförmig angelegten Steinhäusern zwischen Dattelpalmen sowas von eignen für ein hübsches Restaurant mit Dachterrasse. Bestimmt würden dann mehr Touristen auch hier in den kleinen Familienpensionen übernachten und nicht nur einen kurzen Ausflug ins Dorf machen. Dafür lernen wir Krista und Andrew kennen, die gerade in Dubai leben und einen kurzen Ausflug in den Oman machen. Wir trinken mit ihnen zusammen guten Kaffee unter Dattelpalmen und reden übers Reisen. Bisher haben wir noch nicht viele Touristen im Oman angetroffen und wir freuen uns über die Begegnung.

An Palmen mangelt es nicht in Misfat, dafür an Restaurants
An Palmen mangelt es nicht in Misfat, dafür an Restaurants

Anschliessend unternehmen wir einen Spaziergang durch die Plantagen entlang der Wasserkanäle, der Falaj. Diese einzigartige Bewässerungsmethode kam vor mehr als 1000 Jahren vermutlich durch persische Eroberer nach Südarabien und es war die einzige Möglichkeit in einem ariden Gebiet wie Oman zu überleben. Die in die Erde eingegrabenen Kanäle transportieren das Grundwasser von unterirdischen Brunnen oder den Wadis auf die Felder. Die eine Falaj versorgt lediglich eine einzige Familie, andere Kanalsysteme bringen das Wasser zu Hunderten von Landbesitzern. Üblicherweise gehört das Wasser einer Gemeinschaft von Bauern und jeder erhält einen Wasseranteil zugesprochen, welche von der Grösse der von ihm bewirtschafteten Landwirtschaftsfläche und seinem Beitrag zum Bau der Kanäle abhängt. Gewisse Falaj werden auch von der Regierung betrieben und erhalten. Das beruhigende Plätschern des Wassers begleitet uns, während wir unter Dattel- und Bananenpalmen die Umgebung erkunden.

Spaziergang entlang vom Falaj
Spaziergang entlang vom Falaj

Von Misfat aus wäre es nicht mehr weit bis zum höchsten Berg des Omans, dem Jebel Shams (3028 m). Die Landschaft dort oben soll zu spektakulären Wanderungen entlang einem Canyon einladen. Doch leider drängt die Zeit etwas und wir entscheiden uns noch Al Hamra zu besuchen und anschliessend weiter in Richtung Nizwa zu fahren.

Al Hamra liegt am Fuss der Berge und ist eines der ältesten Dörfer des Omans. Wir besuchen den alten Stadtteil und erfahren mehr über die frühere Bauweise. Im Oman wurden natürliche Baumaterialien wie Holz und Steine verwendet und für den Putz wurde Lehm mit Stroh vermischt. Dies sorgte für einen kühlenden Effekt im Sommer, doch Wind und Regen setzen dem Lehm zu und es müsste immer etwas ausgebessert werden und daher überrascht es nicht, dass wir im alten Dorfkern viele verfallene zwei- und dreistöckige Lehmhäuser sehen. Uns gefällt die traditionelle Architektur sehr gut, besonders die eingebauten Nischen finden wir ideal als Ablageflächen und so einiges schöner als die bei uns weit verbreiteten Billy-Regale von IKEA. Man sieht den starken Kontrast zwischen den neu verputzten Häusern, welche teilweise noch in einem guten Zustand sind und den alten Häusern, die nicht mehr restauriert wurden.

In einem Museum erhalten wir einen Einblick in das Leben hinter den Mauern einer reichen Familie. Im Wohnzimmer, dem Majlis, können wir Kaffee trinken, Datteln essen und wir erfahren mehr über die traditionelle Herstellung von Kaffee, Brot sowie von Naturkosmetik aus Sandelholz. Dario nutzt die Gelegenheit und übt sich mal als wohlhabenden Omani und es steht ihm ganz gut.

Zum süssen Tod verurteilt – durch Datteln

In der Stadt Bahla treffen wir an einer Kreuzung auf Jamaal, der aus Jemen stammt und früher mal mit dem Rad alle Sultan Qaboos Moscheen im Oman besucht hat und das sind so einige, wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt. Er lebt nun mit seiner Familie in Ibri und lädt uns auch gleich zu sich nach Hause ein, was aber noch 150 km weit entfernt liegt. Wir versprechen ihm jedoch, ihn zu besuchen, sollten wir nochmals in den Oman kommen.

Wir besuchen die massive Festung von Bahla, deren Befestigungsmauern zu den längsten weltweit zählen und sich durch das ganze Wadi ziehen. Als wir wieder zu unseren Fahrrädern zurückkehren wartet bereits Jamaal auf uns. Er hat nun Feierabend und ist extra zu uns gekommen, hat die Fahrräder bewacht und uns eine Tüte Proviant für die Weiterreise gekauft. Erneut dürfen wir die legendäre Gastfreundschaft im Oman erleben und wir wünschten einmal mehr, wir könnten etwas mehr zurückgeben als nur unsere Geschichten.

Wir übernachten an diesem Abend ganz in der Nähe der Festung von Jabrin (1670), die imposant aus der Ebene emporragt. Und auch wenn man schon genug Festungen in seinem Leben besichtigt hat, so lohnt sich der Besuch von Jabrin definitiv, denn sie ist eine der am besten erhaltenen Festungen des Landes. Ursprünglich wurde der Palast als Wohnschloss und Sommerresidenz gebaut, aber dann nachträglich mit Wehrmauern und Türmen zur Festung ausgebaut. Wie immer sind nur wenige andere Besucher unterwegs und wir können alles in Ruhe besichtigen. Ein Falaj zieht sich durch das Gebäude und hat die Bewohner direkt mit Wasser versorgt. Innerhalb der ausgedehnten Wehrmauern gibt es viel zu entdecken, besonders schön sind die kunstvoll bemalten Holzdecken, die oftmals mit floralen Motiven verziert sind.

Festung von Jabrin
Festung von Jabrin

Die Räume und Innenhöfe sind völlig verwirrend angelegt und es gibt auch einige versteckte Räume, von denen man den Gesprächen im Wohnzimmer lauschen konnte. Und während wir die verschiedenen Räume erkundigen, fällt uns ein besonderes Detail auf: eine schlitzartige Öffnung in der Decke über wichtigen Zugängen. Dieses sogenannten «Mörderlöcher» waren eine fiese Verteidigungsstrategie, denn hier wurde heisser Dattelsaft auf die Eindringlinge geschüttet. Es müssen ziemlich viele Feinde gekommen sein, denn in der Festung Jabrin gibt es einen grossräumigen Dattelspeicher. Die Früchte wurden so gelagert, dass der austretende Saft abfliessen und in Tongefässen aufgefangen werden konnte. Man schätzte die Dattel also nicht nur als zuckerreichen Energielieferant, sondern auch zur Abwehr von Feinden.

Der blökende Wochenabschluss in Nizwa

Wir erreichen die ehemalige Hauptstadt Nizwa gerade rechtzeitig zum Wochenhighlight: dem Viehmarkt. Der authentische Markt ist der Treffpunkt der Region und jeden Freitag treffen sich die Omanis, um lautstark um Ziegen, Schafe und Rinder zu feilschen. Ganz selten wird auch ein Esel verkauft, das ist allerdings so selten, dass der letzte verkaufte Esel gleich viral ging auf Social Media. Die Besitzer präsentieren ihre Tiere bei einem Rundlauf den potenziellen Käufern und so einigen Touristen. Und auch wenn das authentische Bild aus bärtigen Männern mit Turban und Krummdolch, vom Knipsen der Handys und Kameras etwas getrübt wird, ist es definitiv ein Erlebnis hier zu sein.

Wir machen uns extra früh auf und sind bereits kurz vor 06.00 Uhr auf dem Platz. Wir trinken süssen Tee und sehen zu, wie die Tiere auf den Platz gebracht werden. Es dauert nicht lange und die ersten Interessenten erscheinen. Auch ein paar Frauen sind da, die aber abseits des Geschehens stehen bleiben und mit ihren Männern den Preis festlegen. Um 07.00 Uhr geht es dann richtig los und der Platz füllt sich lautstark, während die Verkäufer mit ihren Tieren die Runde machen. Immer wieder schreien die Zuschauer und winken die Besitzer mit ihren Tieren hinüber, um ihr Gebot abzugeben. Dabei werden die Tiere genau angeschaut, der Rücken abgeklopft und die Zähne begutachtet. Danach beginnt die Verhandlung, oftmals gehört dazu ein kurzes Telefon mit der Frau, die das Angebot absegnen soll. Der Wortaustausch ist forsch und kurz und ist man sich einig, wird schnell eine Geldbörse aus der Dishdasha gezogen, die Geldscheine hingeblättert und die Tiere wechseln unwillig den Besitzer. Es geht nicht lange und neben uns befindet sich eine frisch gekaufte Ziege. Der Käufer hat für sie CHF 70.- bezahlt, einen guten Preis wie er meint. Wir sind mittendrin im blökenden und meckernden Spektakel und irgendwann schwirrt uns der Kopf vor lauter Ziegen und Schafen.

Die Tiere müssen mehrere Runden drehen, bis sich ein Käufer findet
Die Tiere müssen mehrere Runden drehen, bis sich ein Käufer findet
Das Lamm wird getragen, um im ganzen Gewusel nicht verloren zu gehen
Das Lamm wird getragen, um im ganzen Gewusel nicht verloren zu gehen

Gleich nebenan im grossen Souk von Nizwa geht das Treiben und Handeln noch einige Stunden weiter. Hier kann man sich mit Gewürzen, frischen Datteln und Gemüse eindecken. Natürlich befindet sich auch eine Halwa-Halle beim Markt und die unterschiedlichsten Variationen der beliebten Süssspeise können kostenlos probiert werden. Wir schlendern zurück durch den alten Teil der Stadt in die Unterkunft. In der schmucken Altstadt von Nizwa wurden einige Wohnhäuser in Boutiquehotels umgewandelt, doch viele andere traditionelle Häuser wurden dem Zerfall überlassen. Eigentlich schade, denn die Altstadt hat definitiv Charme und es würde sich lohnen, noch mehr Häuser zu restaurieren.

Reich verzierte Türen in Nizwa
Reich verzierte Türen in Nizwa

Nizwa ist zwar die zweitgrösste Touristenhochburg des Omans, was aber nicht bedeutet, dass die Infrastruktur entsprechend ausgebaut ist. Auf der Suche nach einer Mahlzeit bleibt uns nur der Gang zu einem einfachen indischen Restaurant übrig. Das Essen ist dort lecker und günstig, nur die Atmosphäre entspricht nicht so ganz der Vorstellung von einem gemütlichen Essen. Wie schon erwähnt, unternehmen die Omanis gerne Ausflüge mit ihren Autos und zwar nicht nur an idyllische Plätze, sondern auch ins Restaurant. Die Einheimischen müssen bei der Ankunft nur laut hupen und schon rennt der Kellner raus und nimmt die Bestellung entgegen. Aus dem Auto aussteigen ist nicht mal nötig. Und das führt dazu, dass wir Touristen auf einer Holzbank unsere Teller mit Linsencurry mit Reis verputzen, während um uns die Motoren laufen und konstant gehupt wird. Ein typisches Essenserlebnis à la Oman.

Am Nachmittag besuchen wir das Nizwa Fort aus dem 17. Jh., das berühmt ist für seinen unverwechselbaren 40 m hohen Rundturm. Von den Mauern aus hat man einen herrlichen Ausblick auf die Stadt, die Dattelplantagen und das Hajar-Gebirge im Hintergrund. Im Innenhof treffen wir auf eine Gruppe neugieriger Frauen aus Kuwait, die gerade eben einen Berg-Marathon im Oman absolviert haben und etwas erschöpft sind. Sie sind sehr an unserer Reise interessiert und laden uns auch gleich mal nach Kuwait ein, obwohl sie selber der Meinung sind, dass ihr Land ausser Wüste nicht viel zu bieten hätte. Leider liegt es auch nicht gerade an unserem Weg. Doch die Begegnung mit diesen selbstbewussten Sportlerinnen hat uns beindruckt.

Sportlerinnen aus Kuwait
Sportlerinnen aus Kuwait

Unsere kurzer Stopp in Nizwa geht zu Ende und wir machen uns auf und planen unsere nächste Etappe durch den Oman. Uns bleiben noch zwei Wochen und im nächsten Reisebericht nehmen wir euch mit zu Wüsten und Wadis und fahren der Küste entlang in die Hauptstadt Muscat.

Unser nächstes Ziel ist die Wüste
Unser nächstes Ziel ist die Wüste

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