Italien Teil 2: Von Meran in die Dolomiten
Auf dem Dolomitenradweg (5)
Von Meran aus folgten wir dem Radweg entlang des Passers in Richtung Bozen. Auch hier war die Infrastruktur richtiggehend auf Radreisende eingestellt inklusive regelmässigen Brunnen mit Trinkwasser. In Bozen angekommen, fühlte sich das Südtirol auf einmal sehr urban an und wir fanden in den schönen Laubengassen von Bozen eine tolle Streetside-Bar mit guten Drinks. Zum Glück übernachten wir nicht in Bozen, sonst wären wir sicher viel zu lange sitzen geblieben...
Entlang dem Eisackradweg
Nun führte uns der Weg in das enge Eisacktal, das landschaftlich anziehend wäre, wenn nicht gleichzeitig die Autobahn in Richtung Brenner, die Hauptstrasse und die Eisenbahnlinie durchführen würden und es gab auch keine gemütliche Stelle, um uns im Fluss zu erfrischen. Alles war mit Zäunen versperrt und wir waren dadurch wie etwas ausgeschlossen von der Natur und wollten nur noch weiter, auch wenn der Radweg auf der ehemaligen Eisenbahntrasse eigentlich ganz schön gewesen wäre. Unser Tagesziel war der schmucke Ort Klausen mit seiner Burg. Der Ort war richtig auf Fahrradreisende eingestellt und so zierten überall Räder die Strassen und Hausfassaden. Wir fanden einen freien Campingplatz und bekamen sogar einen erhöhten Übernachtungsplatz mit Burgsicht.
Weiter ging es nach Brixen mit seinem eindrücklichen Dom. Auch hier mag man Fahrräder. Eine Nonne reparierte gerade einer Touristin das Rad als wir ankamen. Erneut eine hübsche Gemeinde mit Laubengassen und einladenden Plätzen. Auf dem Markt wurden lokale Spezialitäten angeboten (hauptsächlich Speck), oftmals aber in viel zu grossen Packungen für Fahrradreisende ohne Kühlschrank. In einem Café lasen wir die Nachrichten und erfuhren, dass wir unsere Reiseroute ändern mussten.
Neue Reiseroute, really?
Slowenien verhängte per sofort eine Einreisequarantäne für Schweizer Bürgerinnen und Bürger und es gab nur wenige Ausnahmen davon. Wir lasen alles in Ruhe durch, schauten uns an und änderten somit auf dem Domplatz in Brixen unsere Pläne. Diverse kleinere Grenzübergänge zwischen Italien und Slowenien bleiben geschlossen für Touristen und somit fiel unser Plan ins Wasser, nach den Dolomiten weiter ins Socatal in Slowenien zu reisen und noch die Julischen Alpen zu besuchen. Die offenen Grenzübergänge befinden sich alle in der Umgebung von Triest und zudem hatten wir auch nur 12 Stunden Zeit, Slowenien zu durchqueren. Sollten wir wirklich schon nach 10 Tagen Reise bereits unsere Pläne ändern? So früh hätten wir wohl nicht damit gerechnet. Aber was soll man machen; einfach vorwärts schauen und Triest soll ja sehr lebenswert sein (und zudem eine super Uni für Linguistik haben, für Lisa natürlich ein Pluspunkt für eine Stadt). Wenigstens könnten wir weiterhin dem Dolomitenradweg wie geplant folgen.
Das gehört halt dazu bei unserer Reiseart, immer auf Änderungen zu reagieren und Kompromisse machen zu können. In 2020 noch viel mehr als vorher. Zum Glück sind wir bisher sehr oft der gleichen Meinung und versuchen uns nicht zu schnell verunsichern zu lassen und optimistisch zu bleiben.
Welche Zinne ist nun die Richtige?
Der Dolomitenradweg führt an einem wunderschönen Ausblick auf die bekannten drei Zinnern vorbei. Ein beliebtes Kletterrevier und wohl das meist fotografierte Motiv der Dolomiten. Doch welches waren die richtigen drei Zinnen? Es gab zahlreiche interessante Felsformationen mit drei Zinnen auf dem eindrücklichen Dolomitenradweg. Wir fuhren nun entfernt von Autobahn und Eisenbahn und waren wieder näher an der Natur unterwegs. Fuhren entlang von schattenspendenden Waldwegen und eiskalten Bergseen und dann waren wir plötzlich da und sahen sie – die drei Zinnen. Was für ein Anblick, wenn auch aus der Ferne.
Wir waren in der Abenddämmerung da und gleich wieder am nächsten Morgen zu früher Stunde und der Anblick dieser Felsen war sehr imposant und der ganze Dolomitenradweg einer unserer landschaftlichen Höhepunkte bisher. Es schien immer idyllischer zu werden. Besonders die Stimmung sehr früh am Morgen hat es uns angetan. Wenn alles noch sehr ruhig und frisch scheint, fast niemand unterwegs ist und die Natur erwacht, der Nebel sich über einem Bergsee lichtet und die ersten Sonnenstrahlen durch die Blätter scheinen. Noch nicht sehr stark, erst ein kleines Kitzeln und ein Vorgeschmack davon, wie warm der Tag noch werden würde. In solchen Momenten fühlt sich einfach alles stimmig an. Ein schönes Gefühl. Am liebsten wären wir immer frühmorgens unterwegs, doch das ganze Packen und Zelt trocknen dauert leider so seine Zeit und so vergehen locker immer 1.5 Stunden bis wir abfahrtsbereit sind, auch ganz ohne Frühstück und Morgenkaffee.
Das verlassene Tal
Nach dem versnobten Cortina fuhren wir entlang zahlreicher Dörfer im Chalet-Stil herunter und folgten dem Dolomitenradweg weiter, der auf einer alten Bahntrasse verläuft. Irgendwann zweigten wir ab und kamen auf eine Hauptstrasse, die nicht mehr befahren wurde. Eine neue Schnellstrasse führte allen Verkehr durchs Piavetal und die vor uns liegende ehemalige Hauptstrasse wurde nicht mehr befahren und gebraucht. Wir hatten kilometerlang eine Strasse nur für uns alleine, die in bestem Zustand war. Entlang dieser Strasse gab es zahlreiche Dörfer, wie Perarolo di Cadore mit seiner schönen Holzkirche oder Termine di Cadore. Nach dem total überlaufenen Abschnitt vom Dolomitenradweg bei Cortina, waren wir nun plötzlich ganz alleine, keine Touristen und auch keine Einheimischen mehr. Es leben wohl nicht mehr viele Menschen in dieser Gegend und es schien keine Arbeitsstellen und keine Ablenkung zu geben. Nur die Ruhe des Tals, die steilen Hänge der Berge und die Sicht auf den Piavefluss. Fast erstaunt stellten wir fest, dass weiterhin eine Zuglinie durch das Tal führt und all die Weiler miteinander verbindet.
Wie ist es für die Menschen hier zu leben, an einer Strasse, die nicht mehr gebraucht wird? Es gab ein paar verrostete Schilder, die auf Zimmervermietungen hinwiesen, doch wer würde hier halten und übernachten? Es gab keine Restaurants, keine Läden, nur Stille. Ein sehr besonderes Gefühl hier zu sein. Egal wo wir durchkommen, wir versuchen uns in die Menschen hineinzuversetzen und uns vorzustellen, wie es wäre an diesem oder jenem Ort zu leben und wünschen uns dabei die Kontakte und Sprachkenntnisse, um wirklich etwas in Erfahrung zu bringen und über das Leben vor Ort zu erfahren. Vielleicht ergibt sich diese Möglichkeit später auf unserer Reise, wenn wir länger verweilen. Wir hoffen es.
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