Kroatien Teil 1: Von Trieste via Slowenien nach Istrien
Das Balkanabenteuer beginnt (7)
Da wir wegen coronabedingten Einreisebestimmungen von Slowenien nur 12 Stunden Zeit hatten, das Land zu durchqueren, machten wir uns im Vorfeld mehr Gedanken, welchen Weg wir einschlagen möchten. Uns blieb die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: entweder via der Hauptstrasse von Triest nach Rijeka und dann auf unsere geplante Route auf die Insel Cres, oder via den Parenzana-Radweg zur istrischen Westküste. Wir entschieden uns für die reizvollere Variante und statteten Istrien einen ungeplanten Besuch ab.
Der Parenzana Radweg
Die Hafenstadt Triest verliessen wir über den Wasserweg, wir setzten mit der Fähre über nach Muggia. Von da war es nur noch einen Katzensprung bis zur slowenischen Grenze und somit auch zur Frage, ob unsere Reise wie geplant weitergeht. Vor lauter Anspannung und wegen den unklaren italienischen Beschilderungen verfehlten wir den für uns offenen Grenzposten und landeten an einem kleinen unbedeutenden Grenzübergang, der wohl nur dazu diente, damit die Italiener günstig in Slowenien tanken können. Und siehe da, dieser Grenzposten war total unbewacht und somit waren auch plötzlich die 12 Stunden kein Problem mehr. Vor lauter Lachen vergassen wir vollkommen, ein Foto zu machen oder zu filmen, sorry dafür. Hätten wir vielleicht doch auch die geplante Route machen, und uns über einen kleinen unbewachten Grenzposten im Norden ins Land schmuggeln können?
Kurz nach der Grenze begann für uns das Abenteuer Parenzana Radweg, dieser ist auf der Trasse der ehemaligen Schmalspurbahn von Triest nach Poreč angelegt. Teilweise verläuft er direkt am Meer und mit seinen moderaten Steigungen ist es eine wahre Freude zum Radfahren. In Slowenien ist er gut beschildert und durchgängig asphaltiert, hingegen in Kroatien ist man besser mit wenig Gepäck und mit einem geländegängigen Rad unterwegs, zumindest auf dem kleinen Abschnitt, welchen wir kennengelernt hatten. Leider reichten die paar wenigen Stunden Radfahren in Slowenien nicht, uns ein Bild von diesem Land zu machen, das darüber hinausging, als dass die Slowenen gerne am Meer Inlineskaten. Alle Orte wirkten sehr aufgeräumt und herausgeputzt und die Landschaft war lieblich mit sanften Hügeln und Olivenbäumen.
Am Nachmittag stand schon der zweite Grenzübertritt an, der nach Kroatien. Auch hier war Corona gar kein Thema, kurz auf den Pass schauen und durchwinken. Niemand wollte unser Einreiseformular sehen. Dabei hatten wir doch extra die erste Übernachtung in Kroatien im Casa Romantica La Parenzana gebucht. Na ja, schön war es trotzdem da.
Der zerstreute Schlüsselwart von Buje
In Buje wollten wir den Kirchturm besteigen, da man von da aus gemäss unserem Reiseführer einen wunderbaren Ausblick über den ganzen nördlichen Teil Istriens haben sollte. Wir glaubten dies auch sofort, da wir doch ordentlich bergauf fahren mussten, um nach Buje zu kommen. Leider war die Türe zum Kirchturm verschlossen und da wir nirgends eine Info zu den Öffnungszeiten fanden, standen wir etwas verloren vor der Kirche und fragten uns, was wir nun machen möchten. Da wurden wir von einem älteren Herrn angesprochen, dass wir sicher den Kirchturm besichtigen möchten und dass es in Buje auch einen zweiten Turm zu besichtigen gäbe, nämlich ein Turm der Stadtmauer, welcher noch viel interessanter sei. In einem ununterbrochenen Redeschwall führte er uns zur Türe des Kirchturms und schloss diese auf. Erst da wurde uns bewusst, dass er der offizielle Schlüsselwart vom Kirchturm war.
Drinnen zeigte er uns dann seine Bücher, welche er geschrieben hatte zu verschiedenen kunstgeschichtlichen Themen und erzählte uns, dass er Professor sei und unter anderem in Kanada studiert hätte. Aber die Faschisten 1938 seien ganz schlimm gewesen, da durfte man nur studieren und sonst nichts. Und als Dr. Bruno uns zum Turm der Stadtmauer führte, zeigte er uns auf eine kleine Treppe vor einem Hauseingang und meinte, dass die Leute heute keine Ahnung mehr hätten und alles ganz falsch machten. Nicht mal die Handwerker von heute hätten eine Ahnung. Im restaurierten Pflasterbelag vor dem Turm (ca. 3 m Belag) hätte er 11 Fehler entdeckt und sie hätten sich ja durchaus Mühe gegeben. Es war eine wunderbar komische Begegnung mit diesem Original von Buje, wir fühlten uns nun richtig in Kroatien angekommen.
Die Marmorhöhle von Brtonigla
Gleich einige Kilometer später hatten wir schon eine zweite tolle Begegnung, als wir die Marmorhöhle von Brtonigla besichtigen wollten. Die Frau vom Ticketschalter war gleichzeitig auch unsere Reiseleiterin, die uns durch die Höhle führte. Somit war während unserem Höhlenrundgang, der Ticketschalter verwaist. Nur schon der Zugang zur Höhle war sehr spektakulär, über eine Wendeltreppe ging es zu einer Luke hinunter, durch die man auf einer festinstallierten Eisenleiter in die Höhle hinuntersteigen konnte. Unten angekommen merkten wir schnell, dass die Höhlenforschung eine grosse Leidenschaft dieser jungen Frau war; sie konnte uns die Lebenswelt in der Höhle spannend erzählen und uns die unglaublichen Zeitabstände für Veränderungen in der Höhle vermitteln. Zudem erfuhren wir viel Neues. Wer hätte gedacht, dass Fledermäuse Jahr für Jahr an die gleiche Stelle für ihren Winterschlaf zurückkehren? Ja, Kroatien hat für uns unglaublich toll angefangen, so kann es weitergehen.
Die schönen Städte an der istrischen Westküste
Nun war es aber endgültig Zeit für uns, uns zum Meer zu begeben. Da an der istrischen Küste einige tolle Orte und Badebuchten auf uns warteten. Den Anfang machte Novigrad, ein kleines Städtchen mit schönen Gässchen, das aber für deutlich mehr Touristen ausgelegt war, als dort gerade verweilten. Hier genossen wir ein erstes Mal die feine kroatische Küche Istriens, welche sehr von Italien beeinflusst ist und vor allem entdeckten wir für uns den istrischen Trüffelkäse, der es uns doch sehr angetan hat. Dann war aber endlich das Baden im Meer angesagt, den restlichen Nachmittag verbrachten wir an einem Strand in der Nähe und beschlossen, da auch zu campieren, mit direktem Blick durch das Panoramafenster vom Zelt aufs Meer.
Am nächsten Morgen genossen wir die frühe Morgenstimmung in der doch sehr touristischen Stadt Poreč, als die Stadt erst langsam wieder erwachte und die Touristen alle noch mit Frühstücken beschäftigt waren. Gleich nach Türöffnung besichtigten wir die Euphrasius Basilika, und waren somit fast alleine in dem Highlight von Poreč. Diese Basilika ist deshalb so bedeutend, da sie in ihrer heutigen Form aus dem 6. Jahrhundert stammt und später kaum verändert wurde. Wir lernten unter anderem, dass die Christen, als sie noch verfolgt wurden, Fische als Erkennungszeichen benutzten und diese auch in ihre Fussbodenmosaike einarbeiteten. Ein schönes Exemplar entdeckten wir in der Mosaiksammlung der Basilika.
Die hinterlistigen Radwege Istriens
Aus der Stadt raus nahmen wir einen wunderschönen Weg entlang der Küste, wo wir uns ein zweites Frühstück genehmigten und nochmals badeten. Da aber ein Gewitter aufzog, mussten wir weiter und überstanden dies in einem Restaurant. Nach einem Kurzbesuch des kleinen charmanten Städtchens Vrsar probierten wir wieder einmal einen istrischen Radweg aus, welcher am Anfang noch ganz harmlos mit einer wunderbar asphaltierten Strasse begann. Bald aber verwandelte sich die Strasse wie so oft in eine üble Schotterpiste, welche auch noch gerne steile Anstiege beinhaltet. Ganz klar nur für gefederte Mountainbikes mit deutlich weniger Zuladung konzipiert. So quälten wir uns kilometerweit den Limski-Kanal entlang, ohne diesen wirklich zu Gesicht bekommen zu haben. Er sollte ja eigentlich wunderschön sein, na ja. Wir wurden dafür mit einem Teilstück belohnt, der durch ein Waldstück führte, bei dem die Bäume einen grünen Tunnel bildeten, das mit einem wunderbaren frischen Licht kombiniert. Es braucht so wenig und man vergisst die ganzen Strapazen und ist einfach nur glücklich.
Rovinj: definitiv kein Geheimtipp mehr
Später am Nachmittag erreichten wir Rovinj, das touristische Highlight der istrischen Küsten. Dies vollkommen zu Recht, die Altstadt ist wunderschön gelegen auf einer vorgelagerten Halbinsel, ein Hügel total überbaut bis ans Wasser runter mit kleinen Gässchen und einem wunderschönen Ausblick auf den Sonnenuntergang vom Platz vor der Kirche über das Meer. Uns waren die Touristenmassen fast etwas zu viel, trotzdem genossen wir einen schönen Abend in der Altstadt und freuten uns auf einen radfreien Tag, den wir hauptsächlich mit Sonnen und Baden verbrachten. Wir beschlossen ausserdem, dass wir vermehrt selber kochen möchten, da wir zu viel Geld ausgeben und unser Budget definitiv nicht einhalten. Deshalb machten wir eine umfangreiche Einkaufstour für die wichtigsten Grundnahrungsmittel (wie Couscous und Basmatireis).
Wir fuhren nochmals durch Rovinj am frühen Morgen, bevor die Touristenmassen einzogen. Dann vermittelt so ein Ort immer eine besondere Atmosphäre, die wir sehr gerne erleben, aber doch oftmals verschlafen. Aus der Stadt raus bot sich nochmals ein letzter schöner Anblick auf die tolle Lage von Rovinj und dann ging es weiter entlang einem angenehmen Radweg, direkt am Meer und gesäumt von duftenden Pinien. Der offizielle Radweg führte auch durch zahlreiche grosse Campinganlagen inkl. FKK-Camps, was aber niemanden zu stören schien. Danach wurde der Radweg wie so oft etwas unangenehmer, holprig und anstrengend mit viel Auf und Ab und so wechselten wir dann wieder auf die Hauptstrasse bis nach Pula.
Die istrische Hauptstadt Pula (ca. 57'000 Einwohner) macht trotz Hafen und Flughafen einen sehr entspannten Eindruck. Entlang der kopfsteingepflasterten Gassen sah man immer wieder aufs Meer und die Hafenkräne über den Dächern. Die wichtigste Sehenswürdigkeit lässt sich eigentlich kaum verpassen – das römische Amphitheater. Das ca. 2000 Jahre alte Wahrzeichen von Pula ist das sechstgrösste Amphitheater weltweit und aussen noch sehr gut erhalten. Den Gladiatorenkämpfen und Tierhetzen von früher wichen zum Glück kulturellen Veranstaltungen wie Konzerte und Festivals in einem eindrücklichen Ambiente. Wir schlenderten wiedermal durch die Gassen zu den schönen Plätzen und kauften in der Markthalle und in einem Bioladen ein für die nächsten Tage. Es macht immer wieder Freude, das Gemüse direkt von den Bauern zu kaufen. So fanden wir auch eine uralte Pfirsichsorte, die uns unbekannt war und nur in dieser Gegend wieder angebaut wird. Es ist immer spannend, solche Geschichten zu erfahren und nachzufragen. Natürlich konnten wir auch dem Trüffelkäse nicht widerstehen. Wir beschlossen, nicht mehr weiter entlang der istrischen Küste zu fahren und unsere Kroatien-Reise etwas zu «beschleunigen» und kauften ein Fährticket nach Zadar, unserer nächsten Station und Ausgangsort für die Inselwelt Kroatiens.
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