Ferganatal und Alai-Berge: Auf den Spuren der Seide und der Yaks (52)
Wir verbringen ein paar Tage in Osch und beantragen in dieser Zeit eine Sondergenehmigung beim Tourismusbüro in Bischkek für die Grenzüberquerung nach Tadschikistan. Nach einigen Tagen in der Stadt, möchten wir die interessante Umgebung erkunden und entscheiden uns für einen Wochenendausflug nach Usbekistan, denn die Grenze ist nur gerade mal 20 Minuten von der Stadt entfernt. Und hier stehen wir nun mittendrin im Gedränge. So freundlich die Menschen in Zentralasien auch sind, so scheinen beim Anstehen plötzlich alle Anstandsregeln vergessen. Besonders die älteren Frauen drängeln wie die Weltmeister und scheuen auch nicht davor zurück, das Enkelkind zu kneifen, damit es lauthals schreit und sich so den Weg nach vorne zu bahnen. Wir haben uns das selber eingebrockt, denn wir hätten einfach unseren «Ausländer-Bonus» nutzen und von Anfang an nach vorne gehen können, doch es ist nicht unsere Art. Nun stehen wir halt hier und werden von jeder einzelnen Oma überholt.
Noch vor wenigen Jahren wäre so ein spontaner Ausflug nach Usbekistan nicht möglich gewesen, da für die Einreise ein teures und kompliziertes Visum nötig war. Nun ist die visafreie Einreise möglich für 30 Tage und auch die Grenzkontrollen sind eher lasch im Vergleich zu früher und wir sind überraschend schnell durch. Von der Grenze geht es für uns mit drei verschiedenen Minibussen (Marschrutkas) weiter bis nach Margilon im Ferganatal.
Farbenrausch im Ferganatal
Das Ferganatal im Osten von Usbekistan ist ein kultureller Schmelztiegel und Teile davon gehören auch zu Kirgistan und Tadschikistan. Insgesamt leben ungefähr 20% der gesamten Bevölkerung von Zentralasien in diesem fruchtbaren Tal, das auch berühmt ist für die Herstellung von leuchtenden Keramikfliessen und besonders für die Seidenproduktion. So viele urbane Gegenden haben wir in ganz Kirgistan nirgends gesehen. Eine Kleinstadt reiht sich an die nächste und alle freien Flächen werden landwirtschaftlich genutzt.
Unser Ziel ist Margilon, eine der ältesten Städte Usbekistans und berühmt für die beste Seide in Zentralasien. Karawanen mit den Seidenstoffen aus Margilon waren zwischen Bagdad und Kaschgar unterwegs. Und da uns die alte Seidenstrasse immer schon faszinierte und wir uns auch schon einige Monate auf diesen berühmten Handelsrouten bewegen, wollten wir nun mehr über die Seidenherstellung erfahren.
Wir besuchen die Seidenfabrik Yodgorlik, in welcher die Seidenproduktion immer noch manuell erfolgt, vom Abwickeln des Seidenkokons bis zum Weben. Nur die Seidenrauben kommen von ausserhalb. Eine junge Frau führt uns durch das Gelände und zeigt uns all die einzelnen Schritte. Um 1 kg Seide zu erhalten, müssen 2 bis 4 kg Kokons verwendet werden.
Usbekistan ist bekannt für die teils fast schon psychedelisch wirkenden Farbverläufe der Ikat-Stoffe (auch bekannt als Adras, wenn die Seide mit Baumwolle gemischt wird), welche durch eine besonders aufwendige Webtechnik hergestellt werden. Die wilden Muster gleichen einem Farbenrausch. Bei dieser Webtechnik werden alle Farben auf die Fäden aufgetragen, bevor der Stoff gewebt wird. Die natürlichen Farbstoffe werden aus Zwiebelhülsen, Granatapfel- und Walnussschalen, Kräutern oder Indigo gewonnen. Anschliessend wird das Garn festgebunden, sodass es an gewissen Stellen von keiner Farbe berührt werden kann und darüber hinaus müssen die Bündel in der richtigen Reihenfolge in die Farbe getunkt werden, eine echte Präzisionsarbeit. Erst auf dem fertigen Stoff erscheint das Ikat-Muster. Das Ziel ist einen leicht verschwommenen Effekt zu kreieren, der durch die leichte Verschiebung der Garne beim Weben entsteht und den Stoffen ihren unverkennbaren Charakter verleiht. Ein sehr zeitintensiver und komplizierter Prozess.
Die einzigartige Seide von Margilon wird nicht nur in Usbekistan verkauft, auch internationale Designer haben die besonderen Stoffe für sich entdeckt und es treffen regelmässig Bestellungen aus dem Ausland ein. Wir sind fasziniert von diesem Herstellungsprozess und finden es immer interessant die Geschichte hinter einem Produkt zu erfahren, das man danach gleich noch mehr schätzt und mit anderen Augen betrachtet.
Besonders viele der farbenfrohen Stoffe sehen wir am Kumtepa Bazaar, der jeweils am Donnerstag und Sonntag am Stadtrand von Margilon stattfindet. Es ist mitunter eines der schönsten Markterlebnisse unserer ganzen Reise. Klar fehlen die schönen überdachten Kuppeln vom Iran, doch der Markt ist riesig und völlig authentisch. Entsprechend fallen wir auch ziemlich auf, da sich nicht allzu viele Touristen hierhin verirren. Alle Männer tragen traditionelle Hüte und die Frauen farbenfrohe Kleider und Kopftücher. Auf dem Markt lässt sich alles finden: Nähmaschinen, eine grosse Auswahl an zentralasiatischen Hüten, billige Haushaltswaren aus China und natürlich die berühmten saftigen Melonen. Über allem hängt der Duft von gebratenen Schaschlik-Spiessen und frischem Brot. Die Marktreiber lassen uns überall probieren und wir bekommen mehr Früchte und Nüsse geschenkt, als wir essen können und überall blitzen uns freundliche Goldzähne entgegen.
Irgendwann finden wir auch unser Ziel, die Ikat-Stoffabteilung. Die meisten Ikat-Webarbeiten werden im Ferganatal in privaten Häusern gemacht und die edlen Stoffe dann in grossen Bündeln zum Markt getragen. Bei den usbekischen Frauen ist der «Glitzer-Effekt» besonders beliebt und der Stoff wird mit goldenen und silbernen Fäden gewebt. Gar nicht so einfach hier einen simpleren Stoff zu finden, der nicht so glänzt. Schliesslich kaufen wir ein paar Meter Seide- und Baumwolle ein, aus denen wir uns zurück in Osch Kleidung schneidern möchten.
Mit vollgepackten Taschen geht es für uns wieder zurück an die kirgisische Grenze. Gleich am Anfang werden wir von dreist drängelnden Omas überholt, wir gucken uns kurz an und entschieden uns spontan, nun doch einmal den «Ausländer-Bonus» zu nutzen, wenn auch etwas mit einem schlechten Gewissen. Ziemlich schnell sind wir wieder zurück in Kirgistan. Unser kurzer Ausflug nach Usbekistan hat Vorfreude gemacht auf die Kultur und die freundlichen Menschen in diesem Land, doch zuerst liegen noch ein paar Berge vor uns.
Die Alai-Berge, vielleicht der schönste Geheimtipp Kirgistans
Zurück in unserem Homestay in Osch ist für uns bald klar, wir möchten noch die südlichste Ecke Kirgistans bereisen, denn falls es mit dem Pamir nicht klappt, würden wir diese Gegend sonst verpassen. Wir entscheiden uns zusammen mit anderen Reisenden für eine Tour nach Sary Mogul und weiter zum Tulpar-Kul. Von der heissen Ebene von Osch geht es auf 3500 Meter hoch in einem Tag. Eine landschaftlich schöne Reise, die wir hoffentlich bald mit unseren Rädern machen können. Im kleinen Ort Sary Mogul machen wir einen kurzen Halt beim Markt und kaufen noch ein paar Kekse ein für die nächsten Tage. Der Markt mit seinen Containern erinnert uns bereits sehr an die Bilder, die wir vom Pamir-Gebirge in Tadschikistan gesehen haben und wir sind beeindruckt, als wir am Horizont zum ersten Mal den Pamir erblicken, eine majestätische Kulisse. Werden wir bald auf die andere Seite können oder ist das so nahe wie wir dem Pamir jemals kommen werden?
Das Alai-Tal ist ein malerischer Teil des Pamir-Alai, das sich auf einer Länge von 180 km in Kirgistan erstreckt. Das Tal liegt auf einer Höhe von 2500 bis 3500 m und ist umgeben von ewig weissen Gipfeln, unter anderem dem bekannten Peak Lenin (7134 m), dem höchsten Punkt der Gebirgskette. Jedes Jahr versuchen hier Bergsteiger während der kurzen Saison ihr Glück, denn der Peak Lenin gilt als einfach zu besteigender 7000er. Doch unterschätzen sollte man das nicht und eine Expedition dauert normalerweise 3 Wochen. Leider kamen auch dieses Jahr einige Bergsteiger ums Leben.
Es ist Ende August und somit auch das Ende der Saison und das untere Basislager für die Bergsteiger wird gerade abgebaut. Trotzdem möchten es noch einige versuchen und machen sich alleine auf den beschwerlichen Weg zum Peak Lenin. Wir sind keine Bergsteiger und haben diesen Ehrgeiz nicht, auf den höchsten Gipfeln der Welt zu stehen. Doch die Faszination dafür können wir natürlich trotzdem nachvollziehen. Für uns reicht es jedoch, in diesen traumhaften Landschaften wandern zu gehen.
Wir verbringen zwei Nächte in einem gemütlichen Jurtencamp am Tulpar-Kul auf 3500 m. Noch nie haben wir so hoch übernachtet und wir haben ziemlichen Respekt vor der Höhe, da wir nur in einem Tag so hoch gefahren sind, normalerweise sind wir dank unseren Rädern und dem entsprechend langsamen Tempo besser akklimatisiert. Wir machen einen Spaziergang um den See und blicken auf die Jurten und den Peak Lenin im Hintergrund und sind überwältigt von der landschaftlichen Schönheit. Ist dies nun die schönste Ecke Kirgistans?
Abends versammeln wir uns alle in einem Container-Wagon, wo das Abendessen serviert wird. Ein junger Reisender aus Israel ist gerade vom zweiten Camp auf 4400 m zurückgekehrt und erzählt davon, dass er keinerlei Probleme mit der Höhe erlebt hatte. Doch plötzlich kippt er um und ist nicht mehr ansprechbar. Wir sind alle hilflos und schockiert und schnell ist klar, er muss weiter runter. Als er wieder zu sich kommt, wird er abgeholt und runter nach Sary Mogul zu einem Arzt gebracht. Den restlichen Abend verbringen wir alle in uns gekehrt und unser Respekt gegenüber der Höhenkrankheit wurde nochmals grösser. Am nächsten Morgen folgt dann die Entwarnung, dem israelischen Touristen geht es wieder besser.
Grunzende Yaks und Wanderung zum Traveller's Pass
Wir verlassen unser Jurtencamp am Morgen und machen uns mit einem mulmigen Gefühl auf, denn heute soll es auf über 4000 Meter hoch gehen, so hoch wie wir noch nie gewandert sind. Doch schnell werden wir aus dem Grübeln gerissen, denn vor uns steht eine Herde Yaks. Noch nie sind wir diesen Tieren begegnet und nun stehen sie friedlich grunzend vor uns. Wir sind völlig fasziniert von diesen zotteligen Tieren, die ganzjährig im Freien in einer Höhe von bis zu 4500 Metern leben können. Während die Hirten ihre Pferde, Kühe und Schafe im Herbst in tiefere Lagen bringen, bleiben die Yaks ganz alleine hier oben zurück. Sie sind bestens an die extremen Bedingungen in Kirgistan angepasst und können das Gras unter der Schneedecke riechen und ausgraben. Die Yaks liefern Fleisch, Milch, Leder, Wolle und ihr Dung wird als wertvolles Brennmaterial eingesetzt. Ein Yak ist für uns ein völlig exotisches und weit entferntes Tier und nun plötzlich vor diesen Tieren zu stehen, ist für uns ein ganz besonderer Moment.
Doch nicht nur die Yaks sind eine bleibende Erinnerung an diesen Tag, auch die Wanderung an sich. Nachdem wir das erste Base Camp (3700 m) passiert haben, geht es über einsame Ebenen und entlang von grasenden Pferden immer weiter hoch. Eine majestätische alpine Landschaft mit Seen, frischer Bergluft und der spektakulären Sicht auf den berühmten Peak Lenin am Berghimmel. Am Schluss geht es nochmals steil auf einem schmalen Pfad bergauf und dann sind wir oben auf 4150 Metern, auf dem Traveller's Pass. Wir haben die Höhe definitiv gespürt und waren langsamer unterwegs als sonst, aber wir hatten keine wirklichen Probleme. Hier oben zu stehen ist fantastisch…und kalt.
Wir sind ja nicht wirklich für solche Wanderungen ausgerüstet, daher kehren wir relativ schnell wieder um in unser Jurtencamp und verbringen eine letzte Nacht in einer kirgisischen Jurte. Am nächsten Tag haben wir bereits weniger Mühe mit der Atmung, was uns optimistisch stimmt für Tadschikistan. Wir unternehmen nochmals eine kürzere Wanderung und dann geht es bereits zurück nach Osch zu unseren Rädern.
Fahrt ins Ungewisse
Wir verbringen nochmals ein paar Tage in Osch, doch langsam drängt die Zeit und wir müssen uns entscheiden. Wir gehen nochmals in das lokale Tourismusbüro und erfahren, dass wir die Spezialbewilligung erhalten haben und damit bis am 10.09 die kirgisische Grenze beim Kyzyl-Art Pass überqueren dürfen. Leider garantiert uns dies jedoch nur die Ausreise aus Kirgistan und nicht die Einreise nach Tadschikistan und ob die tadschikische Grenze passierbar ist, kann uns niemand verlässlich sagen.
Der letzte Ort vor der Grenze ist Sary-Tash und ich entschliesse mich dort auf gut Glück ein Guesthouse anzurufen, ob sie vielleicht aktuellere Informationen über die Grenzsituation haben. Und wie es der Zufall (oder das Schicksal oder das Karma) so will, erreiche ich die richtige Person zur richtigen Zeit. Der junge Shamurat nimmt das Telefon ab und erwähnt, dass er ausgerechnet heute Nachmittag an die Grenze fährt und versucht, zwei australische Motorradfahrer rüber nach Kirgistan zu bringen. Sollte dies klappen, wäre es für uns wohl auch möglich in umgekehrter Richtung einzureisen.
Heute ist der 5. September und wir müssen spätestens morgen weiterfahren, denn langsam drängt die Zeit. Würden wir den sicheren Weg via Duschanbe wählen, müssen wir definitiv los, da der Herbst bald Einzug hält und es ist ziemlich weit bis in die Pamir-Region ist (siehe Karte). Doch auch wenn wir uns für die unsichere Südroute über die Kyzyl-Art Grenze entscheiden, müssen wir uns beeilen, da unsere Genehmigung nur noch 5 Tage gültig ist und wir auf dem Weg nach Sary-Tash einen über 3600 m hohen Pass überwinden müssen.
Es fällt uns schwer eine Entscheidung zu treffen. Diese vielen Entscheidungen während der Reise machen uns manchmal ziemlich fertig, denn es gibt kein richtig und falsch und jedes Mal ist man dann erleichtert, wenn man sich endlich entschieden hat. Wir haben beide oft Mühe eine Entscheidung zu fällen, was den Prozess nicht gerade erleichtert. Den ganzen Tag überlegen wir uns, was wir tun sollten und können Osch nicht mehr richtig geniessen.
Abends um 22.00 Uhr folgt dann die lang ersehnte Nachricht von Shamurat: die beiden Australier konnten nach Kirgistan einreisen mit ihren Motorrädern und sind nun in Sary-Tash. Somit sollte es für uns theoretisch auch möglich sein, doch die Ungewissheit wird wohl bis zum Schluss bleiben. Die vernünftige Entscheidung wäre es am nächsten Morgen mit dem Rad ins Ferganatal zu fahren und dann über Kokand nach Tadschikistan zu reisen und weiter nach Duschanbe und von dort in den Pamir. Diese Variante klappt sicher und haben schon viele vor uns gemacht. Doch irgendwie sind wir nun so nahe dran und haben schon so viel Zeit in die ganze Administration und Planung investiert, dass wir es nun doch über Sary-Tash probieren möchten.
Wir haben zwar nun die Spezial-Genehmigung, das E-Visa für Tadschikistan und doch fehlt uns noch ein wichtiges Dokument: das GBAO-Permit. Erst diese Genehmigung erlaubt es uns, im Pamir überhaupt unterwegs zu sein. Dieses Permit würde man normalerweise in Tadschikistan oder Kirgistan erhalten, doch wegen der geschlossenen Grenze wird es nicht mehr in Kirgistan ausgestellt. Wir schreiben also zahlreiche Tourenanbieter in Tadschikistan an, ob sie es für uns beantragen können. Und obwohl dieser Punkt noch offen ist und wir überhaupt keine Garantie auf Erfolg haben, fahren wir am nächsten Tag los in Richtung Sary-Tash. Das Bauchgefühl hat entschieden, nicht der Kopf. Pure Vernunft darf niemals siegen. Oder wäre es besser, wenn doch?
Die schöne Strecke hoch in die Berge und die Begegnungen mit den Menschen lenken uns während den nächsten Tagen von den kreisenden Gedanken ab. Irgendwann mittendrin erhalten wir auch noch das ausstehende GBAO-Permit von einer netten Guesthouse-Besitzerin in Khorog in Tadschikistan. Doch wir freuen uns zu früh, denn das Permit ist für das Land Schweden ausgestellt, das auf Russisch fast wie Schweiz klingt. Also heisst es auf den allerletzten Drücker eine neue Genehmigung anfordern, die Zeit wird dabei immer knapper. Doch wir bleiben weiterhin optimistisch, dass alles irgendwie klappen wird.
In den ersten Tagen fahren wir noch bei heissen Temperaturen entlang vieler roter Felsen und einem Fluss, doch dann rücken die Berge immer näher und es wird nachts merklich kühler. Das abendliche Bad im Fluss und die Katzenwäsche im Bach benötigen immer mehr Überwindung. Am vierten Tag kämpfen wir uns die Serpentinen auf den Taldyk-Pass hoch auf 3615 m Höhe. Eigentlich unser höchster Pass bisher, doch wir sind gedanklich nur noch beim morgigen Grenzübergang.
Wir erreichen Sary-Tash am späten Nachmittag und sehen erneut das unglaubliche Bergpanorama vor uns. Rechts zweigt die Strasse zur tadschikischen Grenze ab, links nach China. Mittendrin befindet sich dieser kleine und eher trostlose Ort. Es hat nur wenige Läden mit einem mickrigen Angebot. Umso überraschter sind wir, als wir Shamurats modernes Guesthouse (Pamir Extreme) erreichen. Hier gibt es richtige Betten, gutes W-LAN und eine warme Dusche und seine Frau bereit extra für uns Oromo zu, unsere liebste kirgisische Speise. Von unserem Zimmer aus haben wir eine absolute Panoramasicht auf die Berge. Nun erhalten wir auch eine Mail mit dem korrekten GBAO-Permit, somit haben wir nun alles zusammen. Wir telefonieren ein letztes Mal mit Lisas Eltern, denn wir wissen nicht, wann wir wieder Internet haben werden.
Der Plan ist, dass Shamurat uns am nächsten Morgen mit seinem Jeep zur tadschikischen Grenze hochfährt und mit den Grenzwärtern verhandelt. Dieser Transfer kostet uns USD 100.- und wir würden eigentlich lieber alles mit dem Rad machen, doch dafür reicht die Zeit nicht. Wir müssten in einem Tag auf den Kyzyl-Art Grenzpass auf 4250 m hochfahren und, falls uns Tadschikistan nicht rein lässt, auch am selben Tag wieder runter. Unsere Sondergenehmigung für Kirgistan läuft morgen aus und zudem macht es unter diesen besonderen Umständen durchaus Sinn, einen Übersetzer für die Verhandlungen dabeizuhaben, der die Grenzbeamten persönlich kennt.
Eine Garantie, dass wir dank Shamurats Hilfe über die Grenze kommen gibt es aber natürlich nicht, da es auch für ihn ein Pilotversuch ist. Wir wären die ersten, die in über zwei Jahren diese Grenze überqueren würden in diese Richtung von Kirgistan nach Tadschikistan. Wir haben unterschiedliche Aussagen gehört und wissen nicht, ob die Grenze offiziell geöffnet ist. Klar haben wir alle nötigen Dokumente, doch schlussendlich ist das Ganze doch immer sehr vom Grenzpersonal und deren Tageslaune abhängig.
Das Einschlafen fällt an diesem Abend besonders schwer. Entweder stehen wir morgen auf dem Pamir-Highway und erfüllen uns diesen Traum oder wir radeln zurück nach Osch und wissen, dass wir dann wohl zu spät dran wären für den Pamir, wenn wir den grossen Umweg via Duschanbe fahren müssten. Werden wir morgen Abend nochmals in diesem warmen Bett schlafen oder werden wir auf über 4000 Metern hoch sein? Wie diese Geschichte weiterging, erfährt ihr im nächsten Reisebericht.
Ihr Lieben, obwohl wir durch euch jeweils so gut wie möglich informiert wurden – ist dieser Bericht extrem eindrücklich. Erst jetzt können wir fassen, wie viele unterschiedliche Eindrücke und auch bange Momente ihr in dieser Zeit durchgemacht habt! Die überwältigenden Landschaftsfotos, die farbenfrohen Bilder der Menschen mit den gemusterten Kleidern, die Seidenproduktion, die Yaks und nicht zuletzt euer Bericht dazu berühren uns sehr. Danke, ihr habt uns damit eine Ahnung, so weit das überhaupt möglich ist, von eurem Erleben vermittelt. Susann&Willi
Vielen Dank für den schönen Kommentar. Die Yaks haben uns tatsächlich richtig beeindruckt, wie sie so ganz alleine den ganzen Winter da oben bleiben. Spannende Tiere, die überraschend scheu waren und immer ausgewichen sind, ganz anders als die indischen Kühe, die stoisch mitten im Verkehr stehen bleiben. Wir freuen uns, wenn wir euch durch die Berichte einen Einblick in unsere Erlebnisse geben können, aber noch viel mehr auf das Wiedersehen in der Schweiz. Lisa & Dario.
Bei unserer Schneiderin in Osch: Wir gleichen einer psychedelischen Tapete – was für eine witzige Anmerkung! ich lach mich schlapp…
Liebe Grüsse aus dem Züri-Oberland
Erwin
Ich hab auch geschmunzelt bei: „Vorne links geht es nach China …“. Das Bild zeigt natürlich die beiden Straßen in die jeweilige Richtung, aber das klingt so global, so „groß“. Es erinnert mich an einen Buch- oder Filmtitel, ich weiß nicht mehr genau („Bis zum Horizont und dann links“ – oder so ähnlich).
Wieder ein sehr beeindruckender Bericht, große Klasse.
Liebe Mandy,
Vielen Dank. Das ist tatsächlich so in Sary-Tash, dass sich hier die Wege in Richtung China und in Richtung Tadschikistan teilen, auch wenn es natürlich in beide Richtungen noch einige Kilometer sind. Tatsächlich kamen uns auch während der Reise nach Sary-Tash immer wieder chinesische Trucks entgegen. Es ist schon ein besonderes Gefühl an diesem Ort anzukommen, der für uns so weit entfernt liegt.