05.10.2020

Unterwegs im Land der schwarzen Berge (10)

Montenegro: Von Prevlaka-Halbinsel entlang der Bucht von Kotor ans Meer

Nach unserer wunderbaren Übernachtung auf der Prevlaka-Halbinsel mit dem morgendlichen Besuch einer Ziegenherde, ging es zuerst mal steil hinauf zur montenegrinischen Grenze. Völlig verschwitzt kamen wir da an, und machten uns etwas Sorgen wegen Corona und zu hoher Temperatur und so. Aber vollkommen umsonst, die Grenzformalitäten waren schnell erledigt und danach blieb sogar Zeit für einen kleinen Schwatz mit dem Grenzpolizisten. Er informierte uns, welche Grenzen zu Albanien geöffnet sind und fragte uns nach unseren Plänen und was wir bisher so erlebt hatten. Es war eine schöne Ankunft in Montenegro, wir fühlten uns herzlich willkommen. Die Verständigung war sehr problemlos, da das Montenegrinische eine grosse Ähnlichkeit mit dem Kroatischen aufweist und wir so unsere erlernten Worte immer noch benutzen konnten. Dass wir uns aber in einem anderen Land befanden, merkten wir nur schon daran, dass die Strassen deutlich schlechter wurden, dass mehr alte und rostige Autos unterwegs waren und dass es wieder grössere Läden mit Elektronikartikel hatte (diese fehlten in Kroatien fast vollständig, es war richtig schwierig, kaputte Geräte zu ersetzen wie beispielsweise einen USB-C Adapter). Andere Unterschiede brauchten doch etwas länger, bis wir diese wahrnahmen, dazu später mehr. Beim Frühstück in Herzeg Novi merkten wir auch, dass die Preise doch deutlich günstiger sind, als noch in Kroatien. Wir bestellten viel zu viel. Aber wer weiss schon, dass bei einem «Egg with Bacon» für drei Euro drei Spiegeleier gemeint sind?

Unser Frühstücksrestaurant in Herzog Novi
Unser Frühstücksrestaurant in Herzog Novi

Die ersten paar Kilometer entlang der Bucht von Kotor waren sehr anstrengend, da es sehr viel Verkehr hatte und die ganze Küste mit unansehlichen Neubauten verschandelt war. Danach wurde es aber deutlich angenehmer; der Weg führte direkt an der Bucht entlang und die Ausblicke waren wunderbar. Vis-à-vis von unserem Tagesziel Perast gönnten wir uns eine Pause. Als wir da so am Strand lagen, mit dem Ausblick auf die Berge, über die Bucht und den zwei vorgelagerten Inseln vor Perast, vor uns ein altes Steinhaus mit hellblauen Fensterläden, einem grossen Garten direkt am Meer und einem kleinen Hafen für etwa zwei Boote, hätten wir wohl sofort unterschrieben, wenn uns jemand dieses Haus geschenkt hätte. So zu leben hätten wir uns beide vorstellen können. Bei so viel Schönheit kann man fast nicht unglücklich sein.

Die Bucht von Kotor, im Hintergrund Perast
Die Bucht von Kotor, im Hintergrund Perast
Auf der Panoramic Road 3 entlang der Bucht von Kotor
Auf der Panoramic Road 3 entlang der Bucht von Kotor

Bezauberndes Perast

Wir durften zwei Nächte in Perast in einem wunderschönen alten Palazzo, dem Mrshe Palace, verweilen. Lukas Meier, der Inhaber von Sense of Travel, hat uns dies geschenkt, weil wir seine Aufgabe zu unserer Hochzeit erfüllt hatten: den Sandstrand von Saplunara auf der Insel Mljet zu besuchen. So kann es also weiter gehen – einen tollen Ort entdecken und dafür an einem weiteren schönen Platz übernachten zu dürfen. Leider aber war die Unterkunft nicht direkt mit dem Fahrrad erreichbar, sondern man musste das ganze Gepäck 62 Treppenstufen hoch zur Unterkunft tragen und von da noch in den zweiten Stock. Zum Glück half uns der sehr nette Besitzer der Unterkunft und er konnte sogar noch organisieren, dass wir unsere Fahrräder bei der örtlichen Feuerwehr unterstellen durften. Die Aussicht von unserem Balkon war aber unglaublich und ohne dieses grossartige Geschenk hätten wir Perast nicht kennengelernt, vielen Dank dafür.

Perast ist eine wunderschön gelegene Kleinstadt, die schönen, zum Teil verfallenen, Villen und Palazzis schmiegen sich entlang der Uferpromenade den Hügel hinauf, immer wieder durch längere Treppen erschlossen. 16 Kirchen und zwei vorgelagerte Inseln, eine mit einer Kirche darauf, auf der anderen ist der Friedhof angelegt, runden das Bild ab. Einen Ausflug zu den Inseln können wir zumindest im Abendlicht kurz vor Sonnenuntergang nur empfehlen.

Die Uferpromenade von Perast
Die Uferpromenade von Perast
Im Hintergrund eine von 16 Kirchen in Perast
Im Hintergrund eine von 16 Kirchen in Perast

Am Abend beim Flanieren auf der Uferpromenade fiel uns noch ein weiterer Unterschied zu Kroatien auf, die Menschen hier sind alle sehr heraus geputzt und präsentieren sich gerne, ganz ähnlich wie in Italien. Auch wenn doch ordentlich Menschen unterwegs waren, merkte man an der Auslastung der Restaurants, dass normalerweise viel mehr Touristen unterwegs wären. Es fehlten wohl fast komplett die ausländischen Touristen, ausser uns haben wir keine Ausländer gesehen. In unserer Unterkunft waren wir die ersten und einzigen Gäste des ganzen Jahres. Einerseits ist das natürlich sehr angenehm für uns, wir haben immer ohne Reservation problemlos einen Tisch oder eine Unterkunft bekommen und auch sonst ist es nicht so voller Menschen, andererseits ist es aber ein komisches Gefühl, wenn man der einzige Gast in einem Hotel oder Restaurant ist, es fühlt sich nicht richtig an und man macht sich natürlich auch Gedanken, wovon all die netten Menschen leben sollen, wenn die Einnahmen durch den Tourismus wegfallen

Perast vom Meer aus
Perast vom Meer aus

Nach zwei Nächten hiess es aber, weiter geht’s. Wir starteten früh morgens, aber es war trotzdem schon ordentlich heiss und wir waren froh, dass wir bald im Schatten der hohen Berge der Bucht entlangfahren konnten, so schwitzten wir etwas weniger. In Kotor machten wir eine Frühstückspause und besichtigten die zauberhafte Altstadt. Diese Stadt mal ohne Menschenmassen zu erleben, ist wohl einmalig. Normalerweise ist sie vollgestopft mit Kreuzfahrt-Touristen. Nach einem Spaziergang durch die Stadt und über die Stadtmauer hiess es dann erst einmal, steil den Berg hoch zu fahren, um nach einigen weiteren nicht sehr schönen Kilometer endlich wieder die Küste zu erreichen.

Auf dem Weg nach Kotor
Auf dem Weg nach Kotor

Die montenegrinische Küste, kein Juwel

Zur Mittagszeit machten wir eine Pause am Strand Jaz, einem der schönsten Strände von Montenegro, zumindest hat das die Internetrecherche ergeben. Da lernten wir nochmals einen Unterschied zu Kroatien kennen: die Montenegriner lieben es, den ganzen Strand mit Sonnenschirmen und Liegen zu verstellen und jeweils aus mind. drei verschiedenen Bars gleichzeitig mit Musik beschallt zu werden. Der Strand wäre sehr schön gewesen, aber er war so voller Menschen und Sachen und Action und Trubel, dass wir uns fragten, wie es hier zu nicht Coronazeiten aussehen würde, wir konnten es uns nicht vorstellen und wir wünschten uns die schönen, und im Nachhinein gesehen, fast menschenleeren Strände Kroatiens zurück. Nach einem kurzen Bad im Meer und einem kleinen Mittagessen aus der Fahrradtasche ging es der Küste entlang weiter. Aber leider wurde es nicht wirklich angenehmer. Die ganze Küste rund um Budva herum ist total verbaut mit Pseudo-Luxus-Apartments, -Resorts und -Hotels. Die Strände sind vollgestellt mit Bars und ihren Sonnenschirmwüsten, das Meer voll von Jetskis und dergleichen, die Strasse gesäumt von Billig-Imbissbuden und Spielhöllen. Wir empfehlen allen, diesen Abschnitt der Küste zu meiden, es macht keinen Spass, ist nur sehr anstrengend und tut dem Auge weh.

Die verbaute Küste bei Budva
Die verbaute Küste bei Budva
Die Resort-Insel Sveti Stefan
Die Resort-Insel Sveti Stefan
Ein typischer, montenegrinischer Strand
Ein typischer, montenegrinischer Strand

Zum Glück änderte sich dies nach Petrovac, als es langsam gegen Abend ging. So fanden wir einen angenehmen Strand und einen fast komplett leeren Campingplatz. Und endlich kam auch die schöne Landschaft wieder zur Geltung. Dies steigerte sich noch am nächsten Tag, als wir weiterfuhren. Zumindest bis wir nach Bar gelangten, einer wenig attraktiven Stadt, bei der die Altstadt einige Kilometer ausserhalb in den Bergen liegt und nicht wirklich in der richtigen Stadt. Hier bogen wir ab in das Hinterland, hinauf in die Höhe auf eine sehr wenig befahrene Strasse. Die Ortschaften waren nun zweisprachig angeschrieben und unterschieden sich im Baustil. Auch wurde die Bevölkerung zunehmend islamisch, was wir bei den Friedhöfen gut beobachten konnten und wir sahen die erste Moschee mit Minarett auf unserer Reise. Wir näherten uns Albanien, auch wenn sich der Weg bis zur Grenze doch noch sehr in die Länge zog.

Fazit zu Montenegro

Montenegro hat uns vor allem mit seinen Bergen und der Bucht von Kotor begeistert. Ein zweites Mal würden wir die Route wohl anders wählen, weniger der Küste entlang und mehr durch die Berge. Und vor allem würde uns der Norden mit den Nationalparks und der Tara-Schlucht doch auch noch sehr reizen. Es würde sich sicher lohnen, dieses kleine Land im Balkan besser kennen zu lernen.


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