30.12.2020

Türkische Gastfreundschaft und antike Stätten (16)

Türkei Teil 1: Von der türkischen Grenze bis nach Izmir

Türkiye'ye hoşgeldiniz – Willkommen in der Türkei. Am 04.11.2020 erreichten wir das Land der unzähligen Çays und der Gastfreundschaft. Doch bis wir diesen Teil der Türkei erleben dürfen, stand uns noch der griechisch-türkische Grenzübergang bei Ipsala bevor. Es war der Tag vom Beginn des Lockdowns in Griechenland, der Himmel war bewölkt, die Landschaft unspektakulär und wir hatten ein mulmiges Gefühl, als wir von einem Feldweg abzweigten und plötzlich neben langen Kolonnen von Lastwagen am Grenzübergang ankamen. Dieser Grenzübergang war definitiv nicht für Fahrradreisende, Spaziergänger und Touristen ausgelegt. Gut, Maske aufsetzen und durchatmen, was kann auch schon passieren? Wir erreichten den griechischen Zoll und wurden zuerst mit Fragen gelöchert: «Habt ihr auch einen Reisepass dabei und nicht nur eine Identitätskarte, benötigt ihr kein elektronisches Visum für die Türkei etc.?» Anschliessend die Information, dass dieser Grenzübergang nur einseitig begangen werden kann und es von der türkischen Seite kein Zurück mehr nach Griechenland gab, sondern dies nur wieder im Norden via Bulgarien und die Promachonas-Grenze dort möglich wäre. Somit gab es also nur noch eine Richtung für uns: weiter östlich. Kein einfaches Zurück nach Europa mehr, ein besonderes Gefühl. Dann folgte noch der aufmunternde abschliessende Satz: «Ich bin mir nicht sicher, ob euch die Soldaten mit den Fahrrädern durchlassen».

Mit einem weiterhin mulmigen Gefühl und reichlich verunsichert fuhren wir nun also weiter über die Grenzbrücke, auf der zu beiden Seiten bewaffnete Soldaten standen. Wir rollten direkt auf diese Soldaten zu, als sie uns stoppten und zuerst telefonisch abklärten, ob man uns durchlassen soll oder nicht. Wir hielten den Atem an und waren beruhigt, als wir weiterfahren durften. Beim türkischen Grenzposten wurden wir dann gleich freundlicher empfangen und gefragt, wo wir denn durchreisen möchten in der Türkei. Nachdem auch geklärt war, dass wir keine Zigaretten und keinen Alkohol mitführen würden, durften wir endlich einreisen und uns somit von hier an 90 Tage in der Türkei aufhalten. Wir waren unglaublich erleichtert, dass alles geklappt hat.

Während den ersten paar Fahrkilometern in der Türkei fiel uns gleich die starke militärische Präsenz auf. Immer wieder fuhren wir an militärischen Sperrgebieten vorbei, die auf dem Land, mitten in der Stadt oder sich sogar an schönen Sandstränden befanden. Dies kannten wir bisher von keinem anderen Land in dieser Dichte. Über die ganze Aufregung an der Grenze hatten wir das Mittagessen völlig vergessen und plötzlich wurden wir so hungrig, dass wir eine der ersten Abzweigungen in ein Dorf nahmen und entlang von Hirtenhunden und Schafherden ins Dorfzentrum rollten. Sofort wären wir zum Çay eingeladen worden, doch Essen hatte Vorrang. Ein netter Mann zeigte uns das lokale Restaurant, in das wir wohl alleine nie gegangen wären, da wir es schlicht übersehen hätten. Es war klein und voller Einheimischer, also ein gutes Zeichen. Das Besitzerpaar erklärte uns, welche Gerichte sie im Angebot haben und wir hörten gar nicht wirklich hin und bestellten alles auf einmal. Und dieses erste türkische Essen blieb uns noch wochenlang in Erinnerung, denn nie mehr schmeckten die Linsensuppen und das Reisgericht Pilav so gut wie an diesem Tag. Danach gab es unseren ersten übermässig gesüssten Çay und einen Milchpudding mit Reis (Muhallebi) und wir waren angekommen. Türkiye'ye hoşgeldiniz – Willkommen in der Türkei.

Suche nach unserem ersten Übernachtungsplatz in der Türkei
Suche nach unserem ersten Übernachtungsplatz in der Türkei
Endlich angekommen nach einem ereignisreichen ersten Tag
Endlich angekommen nach einem ereignisreichen ersten Tag

Entlang der Halbinsel Gelibolu nach Çanakkale

Unsere Reiseroute führte nicht via Istanbul auf den asiatischen Kontinent, sondern über die Halbinsel Gelibolu (Gallipoli) in die Studentenstadt Çanakkale. Der Grund dafür war, dass wir beide Istanbul aus früheren Reisen kannten und diese Millionenmetropole nicht mit dem Fahrrad erkunden wollten, zudem zog uns das wärmere Wetter im Süden an, denn die ersten Tage in der Türkei waren kühl und regnerisch und wir holten früher als gedacht unsere Winterjacken aus den Radtaschen hervor. Am zweiten Tag kamen wir in eine grössere Stadt und konnten uns eine lokale SIM-Karte kaufen und türkische Lira abheben und fühlten uns somit etwas mehr angekommen in dem zehnten Land unserer Reise.

Wir erreichten das Mittelmeer und damit die Halbinsel Gelibolu, am Ausgang der Dardanellen und bekannt für die Schlacht von Gallipoli im ersten Weltkrieg, aus welcher das osmanische Reich als Sieger hervorging. In der Türkei wurde die Schlacht zum Mythos und Touristen besuchen die vielen Kriegsstätten. Zahlreiche Besucher aus Australien und Neuseeland kommen ebenfalls hierher, um ihrer gefallenen Landsleute zu gedenken. Kemal Atatürk war als Offizier bei der Schlacht dabei und wurde nach der Abschaffung des osmanischen Reiches Gründer und erster Präsident der modernen Türkei (1923). Überall findet man sein Konterfei sowie zahlreiche türkische Flaggen schmücken Strassen, Häuser und Geschäfte. Wir liessen die Schlachtfelder auf der Seite und fuhren entlang der Meerenge mit Blick auf Frachtschiffe nach Eceabat, dem Fährhafen. Unterwegs fiel uns ein überdimensioniertes Brücken-Projekt auf, die weltweit längste Hängebrücke soll 2023 zum 100. Geburtstag der Türkei fertig sein. Es ist eines von vielen Bauprojekten der islamisch-konservativen Regierung in Istanbul, für das es jedoch auch Kritik gibt wegen der Kosten und der schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt.

Begleitet von Möwen und bei winterlichen Temperaturen stiegen wir in Eceabat auf die Fähre, die uns in 30 Minuten von Europa nach Asien brachte. Ein letzter Blick auf Europa und schon wurden wir auf der asiatischen Seite in Çanakkale ausgespuckt.

Wir freuten uns auf unsere erste grössere Stadt in der Türkei und wurden von Çanakkale (540'000 Einwohner) nicht enttäuscht. Wenn auch die einzige Sehenswürdigkeit aus dem Nachbau des trojanischen Pferdes bestand, so hatte die Stadt trotzdem aus unserer Sicht einiges zu bieten, denn wir genossen das pralle Leben in den Strassen, die vielen Cafés und Bars, die Live-Musik im Ausgangsviertel und probierten uns durch die türkische Küche. Leider war es sehr windig und kühl und wir freuten uns auf den Süden der Türkei.

Überraschungen am Wegesrand und Steinsärge in Assos

Die Weiterfahrt hielt neben wärmeren Temperaturen noch zwei weitere Überraschungen bereit. Wir hielten an für eine Kaffeepause und landeten in einer Kahvalti Fabrikasi, also einer Frühstücksfabrik. Ohne zu fragen, wurde uns ein Tablett mit einer riesigen Auswahl an türkischen Frühstücksspeisen hingestellt: Rührei mit Tomaten, Brot, Honig, zahlreichen Käse- und Konfitüre-Sorten, Gebäck, Kuchen, Früchte und vieles mehr. Alles ausser Kaffee wurde aufgetischt. Wir hatten zwar noch gar keinen Hunger, doch so ein türkisches Frühstück kann man nicht ablehnen. Kurz darauf die nächste Überraschung – die Polizei hielt uns an und schenkte uns mindestens zwei Kilo Quitten und Baumnüsse. Was für eine grosszügige Geste. Doch wohin damit? Wir hatten definitiv in unseren Gepäcktaschen keinen Platz dafür. Schnell wurde das türkische Wort für Geschenk nachgeschlagen (Hediye) und schon lief Lisa zu einer Familie, die für ein Picknick anhielt und schenkte ihnen die Quitten und einen Teil der Baumnüsse. Sie freuten sich riesig und uns begleiteten noch wochenlang die restlichen Baumnüsse und zwei Quitten, die uns immer wieder an diesen schönen Moment denken und schmunzeln liessen. Nur einige Wochen später sollte dann jedoch ein anderes Erlebnis mit der Polizei folgen, mehr dazu im nächsten Reisebericht aus der Türkei. An diesem Abend fanden wir einen schönen Zeltplatz mitten in einem Waldstück, eine Wohltat nach Tagen entlang einer mehrspurigen Schnellstrasse.

Endlich wieder in der Natur
Endlich wieder in der Natur

Am sechsten Tag in der Türkei war die Sonne zurück und wir fuhren wieder runter ans Meer zur antiken Stadt Assos und besuchten dort den Athene-Tempel mit schönem Ausblick aufs Mittelmeer und die Insel Lesbos. Wir genossen unseren Aufenthalt in dieser antiken Stadt, der noch viele folgen sollten. Neben der tollen Lage hatte Assos noch eine weitere Besonderheit – denn die Stadt war bekannt für ihre prunkvollen Steinsärge, die damals anscheinend ein richtiger Klassenschlager waren.

Die beliebten Sarkophage von Assos
Die beliebten Sarkophage von Assos

Die Touristensaison war hier definitiv vorbei und viele Geschäfte und Restaurants bereits geschlossen. Wir fuhren weiter und wollten uns einen Zeltplatz suchen, doch Lisa hatte einen Platten und es wurde immer später und nirgends schien sich eine freie Fläche zu finden. Zudem war die Olivenernte weiterhin in vollem Gange und somit kamen auch Plätze unter den Olivenbäumen nicht in Frage. An der Küste zwischen Assos und Edremit gab es jedoch zahlreiche gemütliche Campingplätze und bei einem davon, stand tatsächlich das Tor offen. Die Besitzer waren zwar ebenfalls mit ihren Oliven beschäftigt, doch wir durften in einem der Bungalows übernachten und am nächsten Morgen machten sie sogar Frühstück für uns, keine Selbstverständlichkeit in Corona-Zeiten und ausserhalb der Saison.

Ayvalik – gemütlicher Tag in der Kleinstadt am Meer

Nach einer langen Tagesetappe kamen wir abends erschöpft in Ayvalik an und suchten die Unterkunft von unserem Warmshower-Host auf. Warmshowers ist eine Community ähnlich wie Couchsurfing, jedoch für Radreisende gedacht. Mitglieder bieten anderen Mitglieder kostenlos einen Platz zum Schlafen an, was ein Sofa oder ein separates Zimmer oder auch einfach einen Gartenplatz fürs Zelt sein kann. Wir sind zwar schon länger auf dieser Plattform dabei, haben sie bisher jedoch nie benutzt. Nun hatten wir die Möglichkeit bei Tara im Garten unser Zelt aufzustellen, jedoch reichte der Platz dafür nicht aus, bzw. unser Zelt war einfach zu gross. Da wir aber bereits in den ersten paar Minuten in Ayvalik entschieden haben, dass wir hier sicher zwei Nächte bleiben möchten, war Tara so nett, uns spät am Abend noch zu einem Hotel zu führen. Das richtige Warmshower-Erlebnis müsste als noch etwas warten, dafür landeten wir ungeplant in dem bezaubernden Boutiquehotel Cavli Hane mit einem verwunschenen Garten und dem wohl besten türkischen Frühstück unserer Reise.

Die Kleinstadt Ayvalik ist bekannt für die Olivenölproduktion und scheint noch in einem touristischen Dornröschenschlaf zu liegen. Männer spielen zigarettenrauchend Backgammon, Tauben warten auf ihre Käufer, Schuhputzer polieren eifrig die Treter der vorübereilenden Passanten und Gemüsewagen halten mitten im Viertel an, damit sich die Bewohner verpflegen können. Als Tourist ist man einfach Teil des Alltagslebens und kann sich treiben lassen.

Schönes Ayvalik
Schönes Ayvalik

Wir schlenderten einen ganzen Tag durch die malerischen Gassen mit ihren farbenfrohen Häusern mit osmanischen Balkonen, tranken zum Sonnenuntergang ein Bier am Meer und probierten uns durch die lokalen Mezze durch. Bei der Weiterreise war per Zufall auch noch der grosse Markt im Gange und wir deckten uns mit frischem Gemüse ein. Auf den Marktbesuchen ist es allerdings oftmals schwierig zu sagen, dass man z.B. nur drei Mandarinen möchte, immer wird nach der Bezahlung noch kräftig nachgeschöpft oder man bezahlt gar nichts für diese kleinen Mengen. Überall begegnen wir der grossen Freundlichkeit der Einheimischen und wir müssten wohl schnell das türkische Pendant lernen für «keinen Platz im Gepäck».

Am Freitag ist Markttag in Ayvalik
Am Freitag ist Markttag in Ayvalik

Erkundungen im der antiken Stadt Pergamon (heutiges Bergama)

In der Stadt Bergama (101'000 Einwohner) übernachteten wir in der Altstadt am Hang und der Hotelbesitzer war aus dem Häuschen, als er uns mit unseren Fahrrädern ankommen sah. Wie immer war es wiedermal Zeit für ein Selfie und er konnte kaum glauben, dass wir bis hierhin wirklich mit den Fahrrädern gereist sind. Wir widmeten uns einen vollen Tag den vielen Sehenswürdigkeiten und fuhren zuerst mit der Seilbahn hoch zur Akropolis der antiken Stadt Pergama. Neben uns war nur ein anderer Besucher unterwegs und wir hatten damit die antike Stadt fast für uns alleine. Daran würden wir uns wohl noch gewöhnen in diesem besonderen Jahr.

Freudiger Empfang in Bergama
Freudiger Empfang in Bergama
Fast alleine in der Akropolis
Fast alleine in der Akropolis

Da von den Tempeln oftmals nicht viel übrigblieb bzw. das meiste in europäischen Museen landet (Ja, wir meinen dich Pergamon-Museum in Berlin!), sind die Fundamente auf denen die Tempel erbaut wurden, oftmals spannender zu entdecken. Das Highlight war jedoch das extrem steile in den Hang gebaute Theater, welches 10'000 Sitzplätze bot, die teilweise noch gut erhalten sind und sich für eine Pause eignen. Vom Burgberg bietet sich eine weite Aussicht auf die Stadt Bergama, den Stausee und in der Ferne lassen sich noch die Reste eines römischen Aquädukts ausmachen, das aus 45 km Entfernung Wasser nach Pergamon brachte.

Wir liefen zurück in die Stadt und besuchten die rote Halle, die als Isis-Tempel diente, den anscheinend war in römisch-griechischen Städten die Verehrung der ägyptischen Götter ganz normal. Zuerst diente der Tempel der Götterverehrung, dann wurde eine christliche Basilika mitten hinein gebaut und nebenan befindet sich heute eine Moschee. Leider wird auch hier viel der Vorstellungskraft überlassen, aber der Tempel musste mal monumental und ehrfurchtgebietend gewesen sein, denn er wurde als Sitz Satans bezeichnet. Ein rundes Gebäude nebenan diente religiösen und Kultritualen und der Priester konnte in der Basilika durch ein Loch hinter dem Podium sprechen, so dass seine Stimme aus einer 10 m hohen Kultstatue zu kommen schien. Irgendwie unheimlich.

Viel weltlicher wirkte da das Asklepieion, das antike Kult- und Heilzentrum, in welchem die Einwohner geheilt wurden durch Schlammbäder, Einläufe und Traumdeutungen. Die medizinische Schule von Pergamon war berühmt, denn der bedeutendste Arzt der Antike, ein gewisser Galen, war hier geboren und sein medizinisches Werk diente bis ins 16. Jahrhundert als Grundlage der abendländischen Medizin. Wir nahmen jedoch keinen Schluck aus dem heiligen Brunnen, in welchem sich die Kröten heute heimisch fühlen.

Am Abend liefen wir durch den alten Teil von Bergama und fanden ein sympathisches Lokal mit Live-Musik. Natürlich wurde kein Bier ausgeschenkt, aber der freundliche Besitzer ging extra noch kurz einkaufen, damit er uns mit Gözleme und Ayvalik Toast versorgen konnte und dazu gab es reichlich Çay zu trinken.

Abendstimmung in Bergama
Abendstimmung in Bergama

Ölraffinerien und militärische Sperrgebiete statt schöner Küstenstrasse

Auf dem Weg nach Izmir erreichten wir unseren bisherigen landschaftlichen Tiefpunkt in der Türkei. Wir freuten uns eigentlich auf einsame Küstenstrassen, doch gleich hinter der Stadt Aliağa ging es los mit einem Arsenal an stinkenden Ölraffinerien, Schiffsabbruchwerkstätten und zahlreichen weiteren Fabriken. Alles war voller Qualm und wir bekamen teilweise fast keine Luft, als wir entlang von zahlreichen LKWs kilometerlang entlang der Fabriken fuhren. Irgendwann kam ein Hügel und dahinter ein beliebter Ferienort, der gleich um die Ecke der Fabriken lag. Wieso man genau hier seinen Urlaub verbringen möchte, ist uns ein Rätsel.

Am nächsten Tag nahmen wir eine kleine Strasse entlang der Küste, denn wir sehnten uns nach Natur und weniger Verkehr. Die Landschaft belohnte uns für den vorherigen Tag und wir fuhren auf und ab entlang der Küste mit traumhaften Ausblicken. Nur leider gehörten alle Strände zu einer riesigen Hotelanlage oder zu einem militärischen Sperrgebiet. Wir erreichten die angenehme Kleinstadt Foça und gönnten uns ein grosszügiges Frühstück. Die Inseln vor der Küste sollen zu den letzten Lebensräumen der gefährdeten Mittelmeer-Mönchsrobbe gehören, wir sahen diese jedoch nur auf Bildern. Bei strahlendem Wetter fuhren wir auf kleinen Strassen in Richtung Izmir, tranken unterwegs eine frischen Granatapfelsaft und erreichten kurz vor Sonnenuntergang die drittgrösste Stadt der Türkei (ca. 4.3 Millionen Einwohner). Wir fuhren dem Meer entlang zum Stadtzentrum und die ganze Bevölkerung schien unterwegs zu sein mit ihren Campingstühlen und alle sassen am Meer, plauderten und tranken Bier oder Tee aus der Thermoskanne. Was für eine schöne Ankunft in dieser bisher grössten Stadt auf unserer Reise.

Entspannter Aufenthalt im liberalen Izmir

Wir mochten Izmir vom ersten Augenblick an. Die Stadt ist keine Schönheit und kann nicht mit dem eindrucksvollen Istanbul mithalten, doch die Hafenstadt pulsiert voller Leben. Der Mittelpunkt des Treibens bildet die lange Uferpromenade (Kordon) mit einem touristischen Tram, Jogging- und Spazierstrecke. Alle scheinen hier unterwegs zu sein, für ein erstes Date, zum Picknick oder zum Fischen. Es machte Freude, hier entlang zu flanieren und das Leben zu beobachten. Fährschiffe verkehren regelmässig zwischen den Vororten und Alsancak, dem Zentrum mit zahlreichen Restaurants, Shops und dem Ausgangsviertel. Genau hier mitten drin in der Einkaufsmeile durften wir drei Nächte bei Dogucan verbringen, denn wir über die Plattform Warmshowers kennengelernt hatten. Wir durften drei Nächte in seinem Wohnzimmer verbringen und die Stadt und ihn kennenlernen. Er arbeitete gerade fleissig daran, einen alten Bus auszubauen, um damit die Türkei und später weiter bis nach Indien zu reisen. Wir hoffen, dass er seine Pläne umsetzen kann und wir uns irgendwann wiedersehen werden. Wir waren überwältigt von der Gastfreundschaft und seiner Grosszügigkeit.

Die beliebte Uferpromenade Kordon
Die beliebte Uferpromenade Kordon

Wir begannen unsere Besichtigung von Izmir jeweils mit einem typischen lokalen Frühstück: Gevrek (so heissen die beliebten Sesamkringel in Izmir, in der restlichen Türkei heissen sie Simit) und Boyoz (einer Art Teigtasche mit unterschiedlichen Füllungen wie Käse oder Tahine). Wir fanden sogar eine Gevrek-Bäckerei, die eigentlich nur aus einem Ofen in der Wand und einer Verkaufstheke bestand, viel grösser war die Bäckerei nicht, aber sehr beliebt und so bildete sich jeden Morgen eine grosse Schlange davor und es war teilweise fast kein Durchkommen mehr.

Beliebte Gevrek-Bäckerei in Izmir
Beliebte Gevrek-Bäckerei in Izmir

Frisch gestärkt ging es durch das Einkaufsviertel bis zum Kemeralti-Basar. Hier gibt es jede Menge Schnäppchen mit Kleidung, Schmuck und Gewürzen. In der Mitte befindet sich eine alte Karawanserei mit Cafés drin und man kann sich gut in den vielen Gassen verlaufen, die sich oft auf eine Ware spezialisiert haben. So gibt es eine Ecke nur mit Blumenzwiebeln oder einen Perlenmarkt. Zudem zahlreiche Läden mit Brautmode, gleich neben den Geschäften mit Babyklamotten, alles schön passend nebeneinander. Darüber hört man immer wieder mal den Imam zum Gebet rufen und kleine Cafés luden zu einer Çay-Pause ein. Hier konnte man gut mehrere Stunden verbringen und auch wir genossen das Flair des Basars und probierten uns durch die zahlreichen Spezialitäten.

Kemeralti-Basar in Izmir
Kemeralti-Basar in Izmir

In der Nähe vom Basar befindet sich auch die Agora, der antike Markt von Izmir, mit historischen Säulenkolonnaden, Gewölben und Bögen. Am Abend genossen wir das grosse internationale Angebot an Restaurants und konnten wiedermal Italienisch und Asiatisch essen und anschliessend eine der vielen stilvollen Bars besuchen und natürlich luden wir auch unseren Gastgeber Dogucan noch zum Essen ein. Wir hatten Glück, dass wir Izmir noch so lebendig erleben konnten, denn eine Woche später folgten aufgrund steigender Covid-Fälle auch in der Türkei Einschränkungen des öffentlichen Lebens mit einer Schliessung der Restaurants und Cafés. Doch dazu mehr im nächsten Reisebericht (Nr. 17). Nach den ersten zwei Wochen in der Türkei fühlten wir uns definitiv angekommen in diesem zehnten Land unserer Reise und freuten uns auf all die vielen Erlebnisse, die uns noch erwarten würden.


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